Bonner Karneval ist älter als der Kölner

Im Stadtmuseum hängt das älteste Bild eines rheinischen Maskenballs - Dokumente reichen ins 16. Jahrhundert zurück

Bonner Karneval ist älter als der Kölner
Foto: Volker Lannert

Bonn. Ist die Rede von Karnevalshochburgen am Rhein, wird Bonn von den Kölner gern schon mal übersehen. Doch an Selbstbewusstsein sollte es den Jecken der Bundesstadt nicht fehlen, schließlich haben sie einen Trumpf im Ärmel, den die Kölner nicht stechen können.

"Was selbst viele Bonner Prinzenpaare immer wieder überrascht hat: Der Bonner Karneval ist gut 200 Jahre älter als der Kölner", sagt der Kunsthistoriker Professor Gisbert Knopp, der als Vorsitzender des Fördervereins des Stadtmuseums alljährlich mit Museumsleiterin Ingrid Bodsch die Bonner Prinzenpaare empfängt.

Die altersmäßige Überlegenheit lässt sich anhand von Dokumenten belegen: Das älteste ist laut Knopp eine Polizeiverordnung des Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern, die dieser Ende des 16. Jahrhunderts erließ, um den allzu maßlosen Ausschweifungen in der Bönnschen Fastnacht Einhalt zu gebieten.

Der wohl schönste historische Beleg - "um den wir weltweit beneidet werden" (Knopp) - hängt im Stadtmuseum: ein 1754 entstandenes Gemälde des Hofmalers François Rousseau, der einen Maskenball im Schloss des Kurfürsten Clemens August malte. Es sei die erste bildliche Darstellung einer Karnevalsfeier im Rheinland, so Knopp. Das prächtige, stuckverzierte Theater der kurfürstlichen Residenz lag bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts im Trakt der heutigen Universität direkt neben dem Koblenzer Tor.

Das Gemälde zeigt eine bunte Karnevalsgesellschaft, die sich laut Knopp nicht mehr nur aus Adeligen zusammensetzte, sondern auch dem gehobenen Bürgertum offenstand. Es herrschte sozusagen Stände übergreifende Narrenfreiheit, denn fast alle Besucher sind maskiert, bis auf einige wenige, so der Kurfürst selbst, der mit einer polnischen Uniform verkleidet von einer Loge das Treiben beobachtet.

Rechts und links des Tanzbodens sitzen Musiker der Hofkapelle, unter ihnen auch der Großvater Ludwig van Beethovens. So wie er sind vermutlich alle dargestellten Personen authentisch; somit war der Maler Rousseau, gestorben 1804, seinerzeit so etwas wie ein Bonner Bildreporter.

"Damals gab es im Winter zweimal wöchentlich abends diese Maskenbälle, in der Karnevalswoche dann jeden Abend", weiß Knopp, der mit Bodsch jedes neue Bonner Prinzenpaar ins Stadtmuseum einlädt und ihnen das Gemälde erläutert. Die Bälle seien der Abschluss sogenannter Galatage gewesen, die der tanzfreudige Kurfürst, der laut Knopp "zugleich mehrfacher Bischof war", morgens mit einer Messe begann.

Das Besondere an dem Bild im Stadtmuseum ist, dass es nicht das einzige ist, das das Geschehen darstellt. Denn im Brühler Schloss hängt ein zweites Gemälde Rousseaus: vom gleichen Saal, nur in die andere Richtung gemalt. Deshalb tragen beide den Titel "Bönnsche Ballstücke".

Kann der Kölner Karneval seine Ursprünge lediglich mit preußischen Dokumenten ab 1823 belegen, hat Bonn noch weitere Belege, etwa einen Bericht von 1731, in dem der Chronist über eine "Bauernhochzeit" schreibt, eine "besondere Erlüstigung", bei der man in einem Umzug durch die Stadt fuhr und Clemens August die Rolle des Wirts zufiel.

Die frühen Dokumente legen laut Knopp den Schluss nahe, dass die Wittelsbacher die "Fastnacht" Ende des 16. Jahrhunderts aus München mit an den Rhein brachten - wenn man auch davon ausgehen kann, dass ausgelassene Feiern vor der Fastenzeit im Rheinland noch älter sind.

Das Stadtmuseum, Franziskanerstraße 9, ist donnerstags bis samstags von 13 bis 18 Uhr, sonntags von 11.30 bis 17 Uhr und montags von 9.30 bis 14 Uhr geöffnet.

Casanova in Bonn Die Bälle von Kurfürst Clemens August hatten einen Ruf über Bonn hinaus. Auch der berühmte Casanova war 1760 dort Gast: " Wir waren alle als Bauern verkleidet ... Nur vier oder fünf Damen der eigentlichen Gesellschaft waren anwesend; alle anderen, mehr oder weniger hübsch, gehörten zu den persönlichen Freundinnen des Kurfürsten, der ein Verehrer des schönen Geschlechts war... Bei einem Tanz wusste ich es so einzurichten, dass ich jedes Mal meine Schöne traf, die ich herzhaft abküsste ..." Alle Infos zum Karneval in Bonn und der Region unter www.kamelle.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort