Bonner Franzose schmiedet Berlin-Pläne

Wenn das keine Ironie des Schicksals ist: Sollte das Verteidigungsministerium eines - womöglich nicht mehr fernen - Tages von der Hardthöhe nach Berlin verlegt werden, wäre diese Schwächung der Bundesstadt ausgerechnet das Werk von zwei Bonnern.

Bonner Franzose schmiedet Berlin-Pläne
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Bonn/Berlin. Wenn das keine Ironie des Schicksals ist: Sollte das Verteidigungsministerium eines - womöglich nicht mehr fernen - Tages von der Hardthöhe nach Berlin verlegt werden, wäre diese Schwächung der Bundesstadt ausgerechnet das Werk von zwei Bonnern.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (57) ist hier geboren, sein Staatssekretär Stéphane Beemelmans (45) hier aufgewachsen. Der Minister scheint entschlossen zu sein, so viele Mitarbeiter wie möglich in die Hauptstadt zu holen, und Beemelmans, seit Jahren ein enger Vertrauter de Maizières, spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Der Spitzenbeamte wurde als Sohn des Bonner Diplomaten Hubert Beemelmans und einer französischen Lehrerin in Toulouse geboren. Seine Eltern wohnen noch heute in Bonn, er besucht sie regelmäßig. 1983 machte er sein Abitur am Aloisiuskolleg, wo auch schon sein späterer Förderer de Maizière gebüffelt hatte.

Er studierte Jura an der Bonner Universität und leistete 1985 bis 1986 seinen Wehrdienst in der französischen Armee. Letzter Dienstgrad: Oberleutnant. Nachdem Beemelmans 1994 das zweite juristische Staatsexamen abgelegt hatte, startete er seine Ministerial-Laufbahn als Referent im sächsischen Sozialressort. In Dresden kreuzten sich später die Wege der beiden Bonner: Beemelmans stieg zum persönlichen Referenten de Maizières auf, der 1999 Chef der sächsischen Staatskanzlei geworden war.

Seitdem ist der Jüngere dem Älteren in Nibelungentreue verbunden. "Er gehört zum Karrieregefolge de Maizières und avanciert bei jedem Wechsel in die jeweilige Amtshierarchie", schreibt die FAZ.

Wann immer de Maizière einen Sprung machte, holte er den Beamten nach: als Referatsleiter und Pressesprecher ins sächsische Finanzministerium (2001), als seinen Büroleiter ins Dresdner Innenministerium (Juli 2005) und ins Bundeskanzleramt (November 2005), als Leiter des Leitungsstabes ins Bundesinnenministerium (2009), wo Beemelmans ab 2010 eine eigene Abteilung übernahm. De Maizière war erst wenige Tage als Verteidigungsminister im Amt, als er im März 2011 den bisherigen Staatssekretär Walther Otremba in die Wüste schickte und durch Beemelmans ersetzte.

Der Diplomaten-Sohn scheint ein vielseitig begabter, heller Kopf zu sein. "Er kann einem den Gesundheitsfonds ebenso erklären und, wenn nötig, auf einer Papierserviette skizzieren wie den Solidarpakt II", vermerkt die Sächsische Zeitung anerkennend. "Er hat sich mit Kreisgebietsreformen herumgeschlagen, mit der Rückführung der Neuverschuldung des Freistaats Sachsen und mit der Rente ab 67."

Seine jahrelange Erfahrung in der Ministerialbürokratie dürfte ihm nun helfen, die komplexe Bundeswehrreform zu organisieren. De Maizière hat Beemelmans die Federführung in einem Lenkungsausschuss übertragen, zu dem noch der zweite beamtete Staatssekretär Rüdiger Wolf und Generalinspekteur Volker Wieker gehören.

Die Dreier-Runde ist verantwortlich für die Gesamtstrategie, entscheidet Zwischenschritte und bereitet Entscheidungen des Ministers vor.

Um eine mögliche Stellenverlagerung nach Berlin beschleunigen zu können, richtete Beemelmans extra eine achtköpfige Arbeitsgruppe ein. Bei einem Treffen mit Personalvertretern auf der Hardthöhe wollten diese kürzlich wissen, ob es stimme, dass in Berlin das leerstehende Shell-Haus angemietet werden solle - nur einen Steinwurf vom Bendlerblock entfernt, wo der Verteidigungsminister residiert. Beemelmans antwortete nach GA-Informationen sinngemäß: Wenn de Maizière grünes Licht für die Verlegung des ersten Dienstsitzes nach Berlin gebe - dann würden dort Objekte gesucht.

Derzeit hat de Maizière am ersten Dienstsitz des Verteidigungsministeriums in Bonn 2 656 und am zweiten Dienstsitz in Berlin 520 Mitarbeiter (Zivile und Soldaten) beschäftigt. Zwar wird der Bendlerblock ausgebaut, um Raum für insgesamt 1 000 Arbeitsplätze zu schaffen. Aber das dauert bis 2014.

Bis zum Herbst soll Beemelmans ein Standortkonzept für die gesamte Republik vorlegen. Schon im Frühjahr 2012 soll das Ministerium nach diversen Auslagerungen auf rund 2 000 Dienstposten geschrumpft sein. Für den tief religiösen Staatssekretär eine Zeit harter Entscheidungen.

Auf dem Dresdner Bahnhof konnte man den römisch-katholischen Beemelmans gelegentlich in ein Gebetbuch vertieft beobachten. Er versuche, jeden Morgen mit dem Laudes-Gebet zu beginnen, erzählte er im Mai 2011 einer Interviewerin der katholischen Militärseelsorge während der Internationalen Soldatenwallfahrt in Lourdes.

"Wenn ich harte Entscheidungen treffen muss, bete ich immer vorher", sagte der Ako-Absolvent. "Ich bete um den richtigen Geist, die richtigen Worte und die richtige Form. Ich glaube, das ist die einzige Methode, auch unliebsame Entscheidungen erklärbar zu machen." Beemelmans ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Radebeul bei Dresden.

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