WCCB Prozess Bewährung für Bauchef Hong im Verfahren III

Bonn · Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bonn verhängte wegen Untreue ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung. Nach 54 Verhandlungstagen endet damit der dritte Prozess.

Der ehemalige Bauchef des World Conference Center Bonn (WCCB), Young-Ho Hong, ist am Donnerstag vor der 7. Wirtschaftsstrafkammer im Landgericht Bonn wegen Untreue im besonders schweren Fall zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt worden. Die Haft wird zur Bewährung ausgesetzt. Vier Monate gelten wegen der langen Verfahrensdauer bereits als vollstreckt. Außerdem muss Hong eine Geldauflage von rund 50.000 Euro zahlen. Das Urteil nahm der 52-Jährige, der während des kompletten Prozessverlaufs geschwiegen hat, mit unbewegter Miene auf.

Damit ging am späten Nachmittag nach fast anderthalb Jahren und 54 Verhandlungstagen der WCCB-Prozess Nummer drei zu Ende. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits 2012 gegen den Berliner Architekten mit südkoreanischen Wurzeln Anklage erhoben und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung beantragt. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Es ist davon auszugehen, dass Hong das Urteil nicht akzeptiert und in Revision gehen wird.

Die Anklage listete 17 Tatvorwürfe auf

Die Ermittler hatten Hong vorgeworfen, die Baukasse des WCCB geplündert zu haben. Insgesamt hatte die Anklage 17 Tatbestände aufgelistet, wobei einige Taten auch drei ehemaligen Mitarbeitern des städtischen Gebäudemanagements (SGB) vorgeworfen worden waren, darunter dem damaligen SGB-Chef Friedhelm Naujoks. Zwei von der Staatsanwaltschaft ebenfalls angeklagte Taten hatte die Kammer nach Angaben von Gerichtssprecher Sebastian Sczech mangels hinreichenden Tatverdachts nicht zugelassen.

Verurteilt wurde Hong am Ende wegen eines einzigen Tatbestands: Das Gericht sieht es seinem Vorsitzenden Jens Rausch zufolge als erwiesen an, dass der Angeklagte, damals interimsweise Mit-Geschäftsführer (neben WCCB-Investor Man-Ki Kim ) der Bauherren-Gesellschaft UNCC, im Sommer 2007 eine Rechnung über 2,041 Millionen Euro beim SGB eingereicht hatte, um eine Auszahlung dieses Betrages an die Baufirma SMI Hyundai Europe, wo Hong geschäftsführender Gesellschafter war, zu erwirken.

Von dieser Firma floss das Geld weiter zur Hong Architekten Planungs GmbH, die Hong alleine gehörte. Der Richter: „Dieser Rechnung lag keine Gegenleistung zugrunde.“ Das SGB, das im Auftrag der Sparkasse alle Baurechnungen prüfen sollte, hatte die Rechnung abgezeichnet. Hong saß unmittelbar nach dem Zusammenbruch des WCCB im September 2009 zwei Wochen lang in Untersuchungshaft. Nach dreijährigen Ermittlungen wurde er 2012 gemeinsam mit Naujoks und zwei Mitarbeiter des SGB-Chefs angeklagt. Die Stadt-Mitarbeiter sollen bei der Prüfung der WCCB-Baukosten jede Rechnung durchgewinkt und nur stichprobenartig geprüft haben.

Prüfer und Geprüfte standen gemeinsam vor Gericht

Das Verfahren gegen die SGB-Mitarbeiter wurde ebenso gegen Geldauflage eingestellt wie bereits zuvor gegen die städtischen WCCB-Projektleiter (WCCB-Verfahren II) – so wie bereits von Walther Graf, Strafverteidiger von Man-Ki Kim vorhergesagt: Letztlich würden alle städtischen Mitarbeiter ungestraft davonkommen. Kim wurde im ersten WCCB-Prozess zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Er wurde wegen „guter Führung“ 2014 vorzeitig entlassen und auf Wunsch von Südkorea in sein Heimatland ausgeliefert.

Im WCCB-Verfahren III gegen die SGB-Mitarbeiter und Hong standen Prüfer und Geprüfter gemeinsam vor Gericht. Es ging um Betrug und Untreue im besonders schweren Fall, um Beihilfe zum Betrug und Anstiftung zum Parteiverrat. Die Ermittler wiesen damals darauf hin, dass über die angeklagten Vorwürfe hinaus noch weitere „zur Abrechnung unberechtigter Forderungen (...) und die jeweils erfolgte Freizeichnung trotz nicht erfolgter Prüfung“ im Raum ständen, doch seien die Ermittlungen diesbezüglich „angesichts des Umfangs der angeklagten Taten eingestellt“ worden. Mit anderen Worten: Zusätzliche Anklagepunkte würden das wahrscheinliche Strafmaß nicht erhöhen.

Hong wurde schließlich nur wegen eines Vorwurfs verurteilt: Wegen Untreue im besonders schweren Fall

Warum das WCCB-Verfahren III bei den anderen Tatvorwürfen eingestellt wurde, erklärt die neunseitige Pressemitteilung des Gerichts. Dort wird mehrfach auf „komplexe Sachverhalte“, aufwendige und äußerst schwierige Beweisaufnahmen im Fall einer Weiterverhandlung und weitere einzuholende Gutachten verwiesen, was die Verfahrensdauer erheblich verlängert hätte. So wählten die Richter den bewährten Abkürzungsweg, wie er auch in anderen komplexen Verfahren zur Wirtschaftskriminalität üblich ist. Auf dem Hinweisschild steht „Prozessökonomie“.

Die WCCB-Historie

Nachdem die Stadt Bonn lange vergeblich einen Investor für das geplante World Conference Center Bonn(WCCB) samt Hotel gesucht hatte, kam 2005 die SMI Hyundai Corporationaus Reston (USA) mit ihrem aus Südkorea stammenden Geschäftsführer Man-Ki Kimins Spiel. Doch anders, als Kim der Stadt damals vorgegaukelt hatte, war seine Gesellschaft äußerst kapitalschwach. Das erkannte die Sparkasse Köln/Bonnund bewertete SMI Hyundai als nicht kreditwürdig. Doch die Bonner Verwaltungsspitze bürgte an Stadtrat und Bezirksregierung vorbei für einen Gesamtkredit von 104 Millionen Euroan Kim.

Das Unheil nahm seinen Lauf. 2009 kam es zum Baustopp, zu staatsanwaltlichen Ermittlungen, Razzien und Verhaftungen. Ende 2016 entschied zudem das Oberlandesgericht Köln, dass Kim 2,3 Millionen Euro als Entschädigungan WCCB-InsolvenzverwalterChristopher Seagon zahlen muss. Allerdings: Ob Kim jemals zahlen wird, ist fraglich.

Der ehemalige WCCB-Bauchef Honghat dagegen bereits an Seagon gezahlt. Anfang Dezember 2012 zahlte Hong freiwillig in die Insolvenzmasse mehr als drei Millionen Euro zurück – „zur Vermeidung einer langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzung“. Es ging um die „Rechtmäßigkeit und Höhe von Architektenhonoraren“. Unter Hongs Regie war der WCCB-Bau immer teurer geworden, Mitte 2009 fehlten 60 Millionen Euro. Während der Bauphase hatte Hong immer wieder versichert: „Seien Sie froh, dass Sie mit mir gebaut haben, sonst wäre es noch teurer geworden.“ Und das Städtische Gebäudemanagement (SGB) hatte versichert: „Die Firma Hong ist nachweislich die preisgünstigste Lösung.“

Die Kosten für das Projekt, für das die Stadt Bonn einst keinen Cent ausgeben sollte und das im Sommer 2015 kurz vor Beginn der großen Klimakonferenz der UN in Bonn dann doch eröffnet werden konnte, belaufen sich mittlerweile auf rund 300 Millionen Euro. Darin enthalten: Rund 70 Millionen Euro, die die Stadt nach langem Streit um die WCCB-Bürgschaftin einem mit der Sparkasse geschlossenen Vergleich an die Bank zurückzahlen muss. Insgesamt belastet das WCCB den städtischen Haushalt mit knapp zehn Millionen Euro pro Jahr und das über mehrere Jahrzehnte.

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