Besetzte Hörsäle statt ruhiger Vorlesungen

Deutschlandweite Studentenproteste schwappen auch nach NRW über - Bonner Universität ist bisher nicht betroffen

Besetzte Hörsäle statt ruhiger Vorlesungen
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Bonn. Die interaktive Europakarte auf der Homepage des Münsteraner Studenten-Ausschusses ist voller kleiner Stecknadeln: jede rote Stecknadel bedeutet eine besetzte Uni, jede gelbe Stecknadel eine geräumte Uni.

Über 40 Universitäten in Europa sind dort eingetragen, rund 20 in Deutschland, drei in Nordrhein-Westfalen. Studenten der NRW-Hochschulen Bielefeld, Duisburg-Essen und Mönchengladbach haben spontan Hörsäle besetzt - und geben damit einen Vorgeschmack auf den bundesweit anstehenden Aktionstag am 17. November und der zentralen Blockade-Aktion am 10. Dezember in Bonn zur anstehenden Kultusministerkonferenz.

Zentral organisiert sind die Besetzungen nicht. "Jede Uni organisiert ihren Streik selbst", sagt Jörg Rosteck vom bundesweiten Bildungsstreik-Komitee, das bereits im Sommer zu Demonstrationen in ganz Deutschland aufgerufen hatte. "Viele haben sich von den Wiener Kommilitonen inspirieren lassen", so Rosteck.

In Wien besetzen Studenten seit drei Wochen den Audimax ihrer Uni. Über Facebook, Twitter und Internet-Live-Schaltungen informieren sie die Öffentlichkeit - und sorgen so dafür, dass sich ihr Anliegen wie ein Lauffeuer im Netz verbreitet.

"Wien hat für uns eine Rolle gespielt", bestätigt ein Sprecher der Bielefelder Besetzer dem GA. Der Forderungskatalog liest sich, wie ein Programm gegen die Reformen der letzten Jahre. "Die Studiengebühren und das Bachelor-Master-System sind eine Katastrophe", sagt der Bielefelder Sprecher.

Sowohl dort als auch in Duisburg-Essen und Mönchengladbach besetzten die Studenten die Hörsäle spontan nach Vollversammlungen der Allgemeinen Studierenden-Ausschüsse (Asta), wie der GA auf Nachfrage erfuhr. Die Ausschüsse unterstützen zwar die Ziele der Besetzer, nicht aber die Besetzung an sich.

"Wir können keine illegalen Aktionen unterstützen", sagt Jan Rick, Asta-Vorsitzender in Bielefeld. Und Jan Bauer, stellvertretender Asta-Vorsitzender der Uni Duisburg-Essen sagt: "Wir denken, dass die Besetzung nicht die Richtigen trifft. Gegen den Bachelor kann auch ein Direktor nichts machen."

Die Zahl der Besetzer schwankt nach Studentenangaben zwischen 50 und 300. Die Rektoren der beiden Universitäten dulden die Besetzung, behalten sich aber eine Räumung vor. "Es gibt ein breites Spektrum an Maßnahmen, dazu gehört auch eine Räumung", sagt ein Sprecher der Bielefelder Universität. Der Rektor der Duisburg-Essener Hochschule setzte seinen Studenten eine Frist bis Freitagabend.

In Münster wollten Studenten am Donnerstag erneut einen Hörsaal besetzen - obwohl die Polizei erst vor wenigen Tagen einen besetzten Hörsaal geräumt hatte und das Rektorat Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hatte. An der Bonner Universität ist laut Pressesprecher Andreas Archut kein Hörsaal besetzt. Auch plant der Asta keine Vollversammlung.

In Bonn gibt es allerdings im Gegensatz zu den bisher streikenden NRW-Unis einen RCDS-geführten und damit CDU-nahen Vorsitz. "Wir haben uns im Sommer nicht an den Bildungsstreiks beteiligt und werden es jetzt auch nicht tun. Aber wir führen konstruktive Diskussionen mit dem Rektorat, um die Situation zu verbessern", sagte David Heiser, stellvertretender Asta-Vorsitzender in Bonn.

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