Katholische Kliniken in Bonn "Bei uns wird keine Frau weggeschickt"

BONN · Der Fall der vergewaltigten 25-Jährigen, die in einem katholischen Kölner Krankenhaus keine "Pille danach" verschrieben, erhitzt die Gemüter. "Das war eine furchtbare Situation für die betroffene Frau, von einer Klinik abgewiesen zu werden. Aber auch in Bonn sieht es für Frauen in Not denkbar schlecht aus", sagte Anna Imhoff, Gynäkologin von Pro familia, dem General-Anzeiger.

Ein Extremfall wie dieser, in dem die Betroffene durch K.-o.-Tropfen wehrlos gemacht wurde, sei bei Pro familia Bonn 2012 zweimal angefallen. Eines dieser Opfer, das sich an nichts erinnern konnte, sei drei Wochen später schwanger gewesen.

Häufig passierten aber Verhütungspannen. Fast jeden Montagmorgen stehe mindestens eine Frau bei ihr auf der Matte, nachdem sie am Wochenende eine Odyssee durch Notfallpraxen hinter sich hatte, sagte Imhoff. Denn viele Ärzte mit katholischer Ausrichtung wollten die "Pille danach" nicht verschreiben und äußerten sogar selbst Vorwürfe.

Andere seien noch nicht einmal informiert, dass diese verschreibungspflichtige Pille definitiv kein Abtreibungs-, sondern ein Nachverhütungsmittel sei, betont Imhoff. Und zwar eines, das medizinisch harmloser sei als manch rezeptfreies Medikament.

Für die betroffene Frau ticke unbarmherzig die Uhr: Nur innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr könne die "Pille danach" sicher verhüten. Bis zu fünf Tage danach könne sie nur noch bedingt wirken, so Imhoff. "Über dieses Thema muss unbedingt öffentlich diskutiert werden."

Dazu scheint es nach dem Kölner Fall auch in Bonner katholischen Kliniken schon gekommen zu sein. "Bei uns wird keine Frau weggeschickt", kommt auf GA-Anfrage sofort als Antwort von Vera Schweizer vom St.-Marien-Hospital und von Christoph Bremekamp, Krankenhaus-Oberer der Gemeinschaftsklinik, Haus St. Elisabeth. Beider gynäkologische Abteilungen würden die vorhandenen nötigen Utensilien des Netzwerks anonyme Spurensicherung selbstverständlich einsetzen.

Die "Pille danach" werde in katholischen Kliniken jedoch grundsätzlich nicht verordnet, erläutern Schweizer und Bremekamp unisono. "Wir lassen aber keine Frau allein und beraten sie im Notfall, wie sie mit der Situation umgehen kann", verdeutlicht Bremekamp für St. Elisabeth.

Vergewaltigte Frauen würden auch im Marien-Hospital weitreichend unterstützt, so Schweizer. Fachkundige Beratung, sensible Begleitung und auf Wunsch der Betroffenen auch die Information über weiterführende Beratungsangebote und Hilfen zur Bewältigung könne jede Frau in St. Marien in Anspruch nehmen.

Und zum "Pille-danach"-Verbot fügt Schweizer hinzu: "Eine über diesen Punkt hinausgehende Dienstanweisung zum Umgang mit solchen Situationen existiert bei uns nicht, um den Beteiligten Handlungsspielraum zu lassen, der individuellen Situation entsprechend verantwortlich zu handeln."

Keine Einschränkung kommt dagegen von den Universitäts-Kliniken Bonn. Jedes Vergewaltigungsopfer werde selbstverständlich angenommen, betont Magdalena Nitz. Mit Blick auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung des Täters erfolge eine Spurensicherung. "Und wir bieten jeder Frau im Notfall auch die 'Pille danach' an."

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