WCCB-Prozess Arno Hübner: Das Risiko war der OB klar

BONN · Es ist der dritte Tag für den ehemaligen WCCB-Projektleiter Arno Hübner im Zeugenstand vor der Wirtschaftsstrafkammer im Prozess gegen Man-Ki Kim und Co. Hübner war der Mann, bei dem alle Fäden zu dem Zukunftsprojekt der Stadt zusammenliefen, doch ob seine Aussage dem Bonner Gericht bei der Wahrheitsfindung hilft, scheint fraglich.

Zu oft kommt von ihm: "Das weiß ich nicht." Und zu oft wird ihm vorgehalten, er habe die Frage nicht beantwortet.

Vor allem in einem Punkt, der durch zahlreiche Dokumente belegt ist, beruft sich Hübner auf Unwissenheit: Als es darum geht, dass die ganze Stadt inklusive Rat und Presse 2005 in dem Irrglauben war, WCCB-Investor SMI Hyundai Corporation sei gesellschaftsrechtlich verwoben mit dem Autoweltkonzern, der die bevorstehende Fußball-WM sponsern wollte. Nur Hübner, der bei allen wichtigen Gesprächen dabei war, will diese "Verbindung nicht gesehen" haben.

Tatsächlich knirschte es hinter den Kulissen, insbesondere in der CDU-Fraktion, im Vorfeld der Ratsentscheidung am 14. Dezember, wo SMI Hyundai den Zuschlag als Investor für das World Conference Center Bonn (WCCB) erhalten sollte. Seine Sorgen, der Rat könne seine Zustimmung verweigern, drückte Hübner in einer Mail an WCCB-Projekt-Kollegin Eva-Maria Zwiebler am 12. November 2005 aus und riet: "Wir müssen gegenüber den Fraktionen die Umwegrendite betonen."

Und: "Es ist wichtig, dass wir die Presse auf unserer Seite halten." Vier Tage später, so hält Oberstaatsanwalt Fred Apostel Hübner nun vor, sei dann ein "Loblied über SMI Hyundai im GA erschienen". Und dort wurde der Zusammenhang mit dem Autoweltkonzern besonders betont. Zwei Tage zuvor hatte Kim das Projekt und seine Firma den Fraktions- und Verwaltungsspitzen präsentiert - auch Hübner. "Haben Sie versucht, die Presse zu instrumentalisieren?", fragt ihn Apostel. Hübner verneint.

Wie brenzlig die Situation war, zeigt eine andere E-Mail: "Ansonsten sollten wir das Projekt beerdigen!", empfiehlt Eva-Maria Zwiebler Hübner bereits am 14. September 2005. "Gab es diese Option Beerdigung für Sie überhaupt?", fragt das Gericht Hübner. "Ja", antwortet der. Seine Antwort an Zwiebler liest sich anders: "Beerdigen heißt aufgeben, ist das unsere Mentalität? Sicher nicht. Wir wollen den Erfolg. (...)."

Apostel hat noch "Verständnisfragen": "Gab es kritische Diskussionen im Verwaltungsvorstand? Oder lief alles glatt?" Hübner ist weiter auf Ausweichkurs: "Es war ja schon vorher darüber gesprochen worden." Nun will Staatsanwalt Timo Hetzel wissen, ob Hübner seine Aussage mit Zwiebler abgesprochen habe. Hübner: "Nein."

Hetzel liest eine Mail Hübners an Zwiebler vom 4. Oktober 2009 - nach dem WCCB-Zusammenbruch, den Razzien und Verhaftungen - vor: "Hallo Evi, ich habe mir Gedanken gemacht, welche Fragen könnte die Staatsanwaltschaft stellen, die besser vorher einmal bedacht sein sollten, damit aus der Erinnerung heraus nicht spontan Ungenaues gesagt wird. (...) Es macht Sinn, das mit Dir abzustimmen und auch zu ergänzen, damit wir uns die Vergangenheit noch einmal vor Augen führen. Ich habe da eher Probleme, mich zu erinnern." Das, so Hübner nun, sei keine Absprache gewesen. "Es ging darum, was man als Vorgesetzter immer macht: den Ablauf noch einmal zu rekonstruieren."

Nach der Mittagspause darf die Verteidigung fragen. Man-Ki Kims Verteidiger Walther Graf, der Ex-OB Bärbel Dieckmann "das Phantom der Akten" nennt, da sie dort nie auftauche, legt los. Die Antworten sind in Kims Sinne: "Nein", sagt Hübner, Kim habe "nie den Eindruck erweckt", SMI Hyundai gehöre zum Weltkonzern. Graf: "Hat Dieckmann die wichtigen Aktenvermerke erhalten?" Hübner: Es habe keine gegeben. "Sie wurde bei wesentlichen Entscheidungen mündlich informiert." Und Hübner bestätigt: "Ja, der OB war das Risiko infolge der Nebenabrede für die Stadt bewusst, aber auch dem Rat und dem Kämmerer."

Kammervorsitzender Jens Rausch hat noch eine letzte Frage. Es geht um den Vorwurf eines Investor-Konkurrenten vom Oktober 2005, SMI Hyundai "schmückt sich mit fremden Federn" und gehöre gar nicht zum Weltkonzern. Wenn das öffentlich werde, so habe Kims Anwalt Ha-S. C. damals gewarnt, sei "das Hyundai-Hauptsponsoring der Fußball-WM 2006 in Deutschland" gefährdet und man ziehe sich aus Bonn zurück - so steht es in einer Gesprächsnotiz des damaligen städtischen Rechtsberaters Jürgen Lauer vom 10. November 2005. Teilnehmer des Gesprächs: Lauer, Kim, C. - und Hübner. Der sagt dazu nun: "Das kann ich nicht mehr nachvollziehen."

Bleibt noch das Loblied des städtischen Investorenauswählers Michael Thielbeer. In seiner Expertise hatte er den "Konzernhintergrund" von SMI Hyundai als entscheidendes Plus betont. Auch ihn entlastet Hübner. Überhaupt können alle Angeklagten mit Hübners Aussage zufrieden sein. Der könnte bald erneut vor diesem Gericht sitzen - als Angeklagter.

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