Polizei warnt vor K.-o.-Tropfen Angriffe mit Betäubungsmitteln in Bonn nehmen zu

BONN · Es genügen schon ein paar Tropfen, und aus einer fröhlichen Karnevalsfeier kann ein schreckliches Erlebnis mit Vergewaltigung oder Raub werden: Polizei und Beratungsstellen warnen vor allem Frauen an den tollen Tagen davor, dass sie bei Veranstaltungen oder Besuchen in Bars Opfer von Angriffen mit K.-o.-Tropfen werden können.

 Experten weisen gerade an Karneval auf die K.-o.-Tropfen-Gefahr hin. Getränke in Bars oder Restaurants sollte man deshalb nicht unbeobachtet lassen.

Experten weisen gerade an Karneval auf die K.-o.-Tropfen-Gefahr hin. Getränke in Bars oder Restaurants sollte man deshalb nicht unbeobachtet lassen.

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Aber auch Männer können Zielscheibe einer solchen Attacke mit ungewissem Ausgang werden. Neun Fälle insgesamt wurden im letzten Jahr in Bonn bekannt, sieben waren es Kriminalkommissarin Kerstin Seiffert zufolge im Jahr 2012. Die Dunkelziffer liegt mutmaßlich deutlich höher, da längst nicht alle Opfer den Weg ins Krankenhaus und zur Polizei finden.

"K.-o.-Tropfen zu verabreichen ist eine Straftat", erklärt die Expertin vom Bonner Kriminalkommissariat für Kriminalitätsbekämpfung und Opferschutz. "Die Zeit arbeitet natürlich für die Täter", erklärt Seiffert und weist darauf hin, dass sich Frauen, die Opfer eines solches Angriffs wurden, auf jeden Fall Hilfe bei Polizei und Kliniken suchen sollten.

Opfer schildern im Nachhinein Symptome wie Verwirrtheit, Benommenheit, Enthemmung, Schwindel, niedrigen Puls, fehlende Muskelkontrolle und am Ende einen "Filmriss". "Selbst wenn die Frau sich nicht sicher ist, ob sie Opfer geworden ist, ist es besser, hier auf Nummer sicher und zur Polizei zu gehen", sagt die Kommissarin. "Und keine Angst: Unsere Kollegen sind erstklassig geschult und können sehr einfühlsam mit solchen Situationen umgehen."

Die Verwendung von K.-o.-Tropfen ist nach den Erfahrungen von Sozialarbeiterin Kristina Mainz-Rehl von Pro Familia Bonn immer verbunden mit sexuellen Übergriffen. "Der Filmriss kann bis hin zur vollkommenen Amnäsie gehen", erklärt Mainz-Rehl. "Das ist eine ganz persönliche Katastrophe für die Opfer, weil sie ganz ohne Bilder an die Verarbeitung der Ereignisse herangehen müssen."

Sie empfiehlt wie alle Experten, im Zweifelsfall immer den Gang in eine der Bonner Kliniken, die sich im Verbund der Anonymen Spurensicherung nach Sexualstraftaten zusammengeschlossen haben (siehe unten). "Für die eigene Situation und für die spätere Aufarbeitung des Angriffs ist es wichtig, dass Spuren gesichert wurden und eine Anzeige vorliegt", rät auch Kommissarin Seiffert.

Es gebe aber gute Methoden, um sich zu schützen, sagt Conny Schulte von der Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt in Bonn. Fachleute wie sie halten goldene Regeln bereit, um Angriffe mit K.-o.-Tropfen abzuwehren. "Es ist unglaublich wichtig, dass die Freunde, die miteinander ausgehen, auch aufeinander aufpassen", mahnt Schulte.

Getränke von Unbekannten sollten gar nicht erst angenommen werden. Bei Unwohlsein ist es enorm wichtig, Hilfe beim Personal und bei Freunden in Anspruch zu nehmen. Nichts sei gefährlicher, als eine solche Situation zu unterschätzen, so Schulte. "Wenn eine Freundin den ganzen Abend nur Cola getrunken hat und plötzlich vom Stuhl rutscht, dann stimmt was nicht. Da sollten alle aufhorchen und das nicht auf die leichte Schulter nehmen", ist der Ratschlag, den alle Experten geben. Und sie empfehlen darauf zu achten, dass Freunde von der Toilette zurückkommen und nicht alleine nach Hause gehen müssen.

Anonyme Spurensicherung

In der Region Bonn/Rhein-Sieg gibt es ein besonderes Modell, das für Opfer von Sexualstraftaten eine Anonyme Spurensicherung (ASS) ermöglicht. Opfer können sich in einer der am Verfahren beteiligten Kliniken in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis untersuchen lassen.

Mögliche Tatspuren werden anonym im Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn gelagert. In einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren ist es möglich, diese nach erfolgter Anzeige in einem Gerichtsverfahren verwerten zu lassen. Damit stehen unter Umständen wichtige Beweismittel zur Verfügung, die dem Opfer das Verfahren erleichtern und die Strafverfolgung verbessern. Siehe auch www.beratung-bonn.de

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