Bonner Finanzen 58,8 Millionen neue Schulden

BONN · In Bonn verdichten sich die Zeichen, dass es um die städtischen Finanzen schlechter denn je steht: Während die Verwaltung vergangene Woche die Öffentlichkeit mit drei geplanten Schwimmbadschließungen konfrontierte, marschieren am Samstag erstmals in der Geschichte der "Sportstadt Bonn" die Sportvereine unter dem Motto "Rettet den Sport", um gegen "brachiale" Kürzungen (OB Jürgen Nimptsch) an der Basis zu protestieren.

Bei den Bädern geht es nach GA-Informationen weniger um das Einsparen von Betriebskosten, sondern um Millionen, die für eine überfällige Sanierung dieser Bäder benötigt würden - Millionen, die die Stadt nicht hat.

Folgt man den Hunderten Seiten zum Haushaltsentwurf 2013/14, so zittert das Rathaus inzwischen bereits vor einigen 100.000 Euro, die die Stadt vom Haushaltssicherungsgesetz oder gar dem Nothaushalt trennen. Bestand im Vorbericht zum Doppelhaushalt noch ein Sicherheitspuffer von 869.627 Euro zum Abgrund, waren es in der Haushaltsrede von Stadtkämmerer Ludger Sander nur noch 500.000 Euro.

Nach GA-Informationen ist die Haushaltslage gegenwärtig noch knapper als knapp und sogar die Demarkationslinie zum Nothaushalt überschritten. Bonns oberster Kassenwart sagte im September vor dem Stadtrat: "Die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts 2013/14 wird derzeit in erster Linie damit erreicht, dass alle Bürger der Stadt mit erheblichen zusätzlichen Steuern und Abgaben belastet werden."

Von der Gewerbesteuer über die Hunde- und Vergnügungssteuer bis zur Grundsteuer B, von der auch alle Mieter betroffen sind: In 2013 soll alles erhöht werden. Erstmals wird zudem eine Bettensteuer für Touristen erhoben, die eine Million in die Stadtkasse spülen soll. Verabschiedet der Stadtrat diese Pläne Mitte Dezember, würde das Leben in Bonn spürbar teurer.

Und trotz dieser zusätzlichen Einnahmen von mehr als 20 Millionen Euro reicht es nur ganz knapp. Oder wie Sander es in seiner Haushaltsrede formulierte: "Wir haben es nochmals geschafft, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen, wenn auch noch gerade so im rechtlichen Rahmen. Das ist nur möglich, indem das Eigenkapital der Stadt Bonn in dramatischer Weise reduziert wird."

In 2013 wird die Netto-Neuverschuldung der Stadt voraussichtlich "nur" 58,8 Millionen betragen. In 2012 betrug sie mehr als 200 Millionen. Eine Ursache: Die ersten ganz großen Belastungen für das World Conference Center Bonn (WCCB) zogen den Haushalt nach unten. Warum dann die ganze Aufregung, wenn 2013 die Neuverschuldung wesentlich geringer ausfällt? Das hängt mit den Regeln des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) zusammen.

Danach darf eine Kommune ihr fiktives Eigenkapital - Ampeln, Kläranlage, Straßen, Gebäude, Spielplätze, Straßen - pro Haushaltsjahr um bis zu 5 Prozent beleihen. Überzieht sie zweimal in Folge, verliert sie die Gestaltungshoheit über ihren Haushalt an die Kommunalaufsicht - den Regierungspräsidenten.

Da Bonn im laufenden Jahr sein Eigenkapital um mehr als 13 Prozent verzehrt, ist in 2013 kein Fehltritt gestattet. Gleichwohl bedeutet auch die Einhaltung der NKF-Regel, dass Bonn sich weiter verschuldet und die Pro-Kopf-Verschuldung steigt - trotz Bevölkerungszuwachs.

Schrumpft das Eigenkapital weiter und steigen die Schulden höher, spricht der Experte von einem Leben, "das von der Substanz zehrt". Sander: Die Zahlen verdeutlichten, "dass wir in Bonn über unsere finanziellen Verhältnisse leben und trotzdem nicht in der Lage sind, genügend Finanzmittel für die Einhaltung des städtischen Vermögens bereitzustellen". Damit meint Sander den Sanierungsstau. Gebäude und sonstige Güter, die für "Eigenkapital" stehen, verrotten. Von Stadthaus über Beethovenhalle bis zu mancher Schulsporthalle ließe sich hier vieles aufzählen, was mangels städtischer Finanzkraft nicht renoviert wird.

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