Interview mit Boris Barschow „Zur Nachahmung empfohlen: Für den Frieden kämpfen auf sportlichem Weg!“

BONN · Journalist, Blogger und jetzt auch Boxer: Mit seinem neuesten Projekt „Fight4Peace“, einer Charity-Box-Gala, will der Wahl-Bonner Boris Barschow, Redakteur beim Fernsehkanal Phoenix, die erste unabhängige Journalistenschule in Afghanistan aufbauen. Doch bis dahin liegt noch ein weiter Weg. Über seine Liebe zu Afghanistan, die ihn seit seiner Zeit als Bundeswehrsoldat nicht mehr los lässt und sein tägliches Box-Training sprach der Box-Debütant mit Said Patscha.

 Der Journalist Boris Barschow in seinem Büro beim Bonner Sender Phoenix.

Der Journalist Boris Barschow in seinem Büro beim Bonner Sender Phoenix.

Foto: Said Patscha

Herr Barschow, Sie haben den afghanisch-stämmigen und amtierenden WBO-Intercontinental-Meister Hamid Rahimi vor über einem Jahr zu einem Charity-Boxkampf herausgefordert. Wie kann man sich so etwas vorstellen? Ruft man da an und fragt höflich nach Kloppe?
Boris Barschow: Genauso war das. Nachdem ich Rahimi im Internet bei seinem Profikampf in Afghanistan gesehen hatte, bekam ich die Idee zum Charitykampf. Ich interviewte ihn einige Zeit später für den Afghanistan-Blog und da dachte ich „Fragen kostet nichts“ – und er hat gleich JA gesagt. Unter dem Motto „Fight4Peace“ hat er den ersten Profikamp nach Afghanistan seit dem Beginn der Kriegswirren, also vor über 30 Jahren, geholt. Und Fight4Peace ist schließlich auch das Motto von meinem Afghanistan-Blog. Insofern passt die Kombination.

Das sind genau die Lichtblicke, die, wie sie in Ihrem „Afghanistan-Blog“ schreiben, „fernab der Mainstream-Berichterstattung über dieses Land“, existieren. Diese Berichterstattung sei geprägt von Anschlägen, Tod und Leid, wie sie sagen. Sie wollten dem etwas entgegensetzen und sind praktisch nur mit Smartphone und Stativ nach Afghanistan geflogen. Mit welchen Eindrücken von diesem Land sind Sie heimgekehrt?
Barschow: Der Haupteindruck war und ist: die Menschen am Hindukusch haben Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Und es braucht engagierte Afghanen, die die Initiative ergreifen. Deshalb habe ich für Phoenix auch eine Doku vor Ort, in Kabul, gedreht: „Salam Alaikum Kabul – die Zunkunft Afghanistans“ – ein Film, der zeigt, wie es wirklich ist, in dem nur Afghanen zu Wort kommen und keine selbsternannten Afghanistanexperten. Zeitgleich war auch Rahimi im Land, um sich sozialen Projekten zu widmen. Er sammelte gemeinsam mit Freiwilligen den Straßenmüll aus dem Ufer und dem Flussbett des Kabuler Flusses. Zu der Jahreszeit, ich war in den Wintermonaten Anfang 2012 dort, ist der Fluss quasi nur noch ein kleiner Bach, praktisch nur ein Rinnsal.

„Fight4Peace“ („Kämpfe für den Frieden“) ist das Motto dieses Projekts. Sie möchten dieses Motto als Aufforderung verstehen: Jeder kann einen Beitrag für Frieden – ganz gleich ob in Afghanistan oder anderswo - leisten.
Barschow: Unbedingt! Und auch dieses Projekt ist sozusagen „zur Nachahmung empfohlen“: Für den Frieden kämpfen auf sportlichem Weg!

Fight4Peace
15 Bilder

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Welchen Beitrag können die Studenten an der künftigen ersten unabhängigen Journalistenschule in Afghanistan leisten? Kann auch Journalismus friedensstiftend sein?
Barschow: Und wie! Wenn die Gesellschaft einen (ethnien-)unabhängigen Journalismus akzeptiert, dann kann sie ein neues Selbstbewußtsein entwickeln und irgendwann heißt es dann hoffentlich „Wir sind Afghanen“ und nicht Hazara, Usbeken, Tadschiken und Pashtunen.

Entwicklungshilfe durch das Ermöglichen unabhängigen Journalismus ist Ihr Beitrag. Eigentlich gehen Sie diesen Weg schon länger: Sie waren als Oberstleutnant der Reserve mehrfach in Afghanistan und waren dort Chefredakteur der NATO-Zeitung „Sada-e Azadi Newspaper“, zu deutsch „Stimme der Freiheit“. Über ihre Eindrücke als Soldat haben Sie ein Buch geschrieben: „Kabul, ich komme wieder“.Aber kann man als Soldat in Afghanistan noch unabhängig über dieses Land schreiben? Wie stehen Sie zum Bundeswehreinsatz? Hat er etwas gebracht?
Barschow: Zugegeben, ich fühle mich manchmal wie ein Lachs, der gegen den Strom dieses Vorurteils schwimmen muss, aber letztlich bin ich „Geschichtenerzähler“, also Chronist, und als solcher fühle ich mich der freien Berichterstattung verpflichtet. Deshalb kann ich auch sagen, dass der Einsatz der Bundeswehr letztlich wenig brachte. Nach 12 Jahren Einsatz haben die Menschen immer noch Angst vor der Taliban. Sicher, Schulen wurden gebaut, auch Mädchen können diese jetzt wieder besuchen. Und ein ganzes Land lässt sich natürlich nur sehr langsam entwickeln, aber kontraproduktiv ist es da jetzt schon, wenn die internationalen Truppen das Land Ende 2014 wieder verlassen. Es droht erneut ein Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Ethnien. Die Taliban wird genau dieses Macht-Vakuum ausnutzen. Nicht zu vergessen der Drogenanbau in diesem Land. Jedes Jahr wird mehr Opium auf den Weltmarkt geschwemmt. Ein weiteres großes Problem, dem das Land und die internationale Weltgemeinschaft nicht Herr werden konnte. Mit diesem Projekt will ich letztlich auch versuchen, dieses Land nicht im Stich zu lassen. Dafür kämpfe ich im doppelten Wortsinne.

Sogar „Box-Gentleman“ Henry Maske besuchte Sie beim Training in Köln. Welche Tipps gab´s vom Profi?
Barschow: (lacht) Nun ja, sagen wir es mal so, er gab mir wenig Hoffnung eine gute Figur machen zu können: Er sagte in etwa „Wie wollen Sie eine gute Figur machen außer beim ersten Gong?“. Aber darum geht ja nicht. Es wird ja ein Show-Kampf. Aber auch dazu gehört es, wirklich fit sein. In den letzten 12 Monaten, in denen ich zusammen mit Rüdiger May trainiere, habe ich viele Kilos abgenommen und ich ernähre mich so gesund es geht. Ein toller Nebeneffekt. Das Boxen werde ich auf jeden Fall weitermachen um mich fit zu halten.

Waren Sie fit genug für Ihren ersten öffentlichen Sparrings-Kampf unter Wettkampfbedingungen, den Sie am 5. Oktober gegen Christoph „Teegetier“ Teege bestritten? War Rüdiger May zufrieden mit seinem Schützling Boris „The stinging Hornet“ Barschow?
Barschow: Zitat Rüdiger May. „Ich war mit Boris´ Performance und Leistung mehr als zufrieden.“

Sie haben mittlerweile jede Menge prominente Unterstützung für „Fight4Peace“, beispielsweise die renommierte Deutsche Journalistenschule in München, die die Patenschaft für die Schule in Kabul übernommen hat. Wie sieht deren Hilfe konkret aus?
Barschow: Die DJS steht uns in allem mit Rat und Tat zu Seite und wird „unsere erste Klasse“ an die DJS nach München einladen. Außerdem übernehmen wir den Lehrplan der DJS.

Harley Davidson, einer von vielen Sponsoren dieser Charity, wird am Kampftag sogar eine Maschine im Wert von über 15.000 Euro versteigern. Wie kann man da mitbieten?
Barschow: Das organisieren wir noch. Up to date bleibt man dann auf http://fight4peace.afghanistan-blog.de

Und auch eine Einlauf-Musik haben sie schon...
Barschow: Ja, von zwei Afghanen, den Hip-Hoppern „Abdul Ali & Calam“ komponiert. Darauf bin ich mächtig stolz. Gemeinsam sind wir stark: zwei Kulturen und zwei Nationalitäten.

Aber so ein Kampf ist nicht ohne. Verletzungen – Show-Kampf hin oder her – müssen einkalkuliert werden...
Barschow: Klar. Während des Trainings habe ich schon sämtliche Blessuren über mich ergehen lassen müssen, die typisch sind fürs Boxen: blutige Nase, blaues Auge, Rippenprellungen...Stecke gerade in den Boxvoruntersuchungen. Die sind nötig, weil der Bund deutscher Berufsboxer den Kampf führen und leiten wird. Die stellen ja beim Kampf auch unter anderem einen Arzt. Der flickt mich dann schon wieder zusammen. Aber auch Rahimi sollte vor mir auf der Hut sein. Die Zuschauer werden schon was zu sehen bekommen!

Als Moderator haben Sie außerdem Ihren ehemaligen Phoenix-Kollegen Tobias Ufer gewonnen. Macht er die Ansage a la Michael Buffer?
Barschow: Ich denke, er wird seinen eigenen Stil finden. Ich freu mich total, dass er zugesagt hat!

Was werden Sie wenige Stunden vor dem Kampf tun? Versuchen zu entspannen oder bis zuletzt promoten, trainieren, organisieren, etc.?
Barschow: Seit 12 Monaten mache ich das jetzt. Ich hoffe, dass ich die Woche vor dem Kampf ein wenig mehr Ruhe haben werde. Um 12 Uhr vor dem Kampf ist die Ablaufprobe des bevorstehenden Abends. Ich hoffe danach kann ich mich erholen....

Wie können die Leser neben dem mitbieten für das Motorrad noch helfen, die Journalistenschule aufzubauen?
Barschow:Karten kaufen oder auf das Konto der deutsch-afghanischen Universitätsgeselschaft e.V. in Bonn spenden. Die stellen natürlich auch eine finanzamttaugliche Spendenquittung aus.

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