Studie Ärzte in NRW bevorzugen Privatpatienten deutlich

BERLIN · Fachärzte in Nordrhein-Westfalen bevorzugen bei der Vergabe von Terminen Privatpatienten in eklatanter Weise vor Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen. In Bonn beträgt der Unterschied bis zu 24 Tage.

Nach einer Erhebung der Grünen-Bundestagsfraktion bei insgesamt 405 Facharztpraxen im Land, die dieser Zeitung vorliegt, bekamen rund 65 Prozent der Privatversicherten innerhalb von drei Tagen einen Untersuchungstermin, viele davon noch am selben Tag.

Dagegen bekamen 70 Prozent der Patienten von gesetzlichen Krankenkassen einen Terminvorschlag innerhalb eines Monats. Ein Termin noch am Tag des Anrufs war bei ihnen die Ausnahme. Im Durchschnitt warteten gesetzliche Versicherte in NRW 20 Tage länger auf einen Facharzttermin als privat Versicherte. In der Erhebung untersuchten die Grünen sechs Fachrichtungen: Haut, Auge, Kardiologie, Radiologie, Innere Medizin und Orthopädie.

In ganz drastischen Fällen war der Unterschied der Wartezeiten von Privatpatienten und Kassenpatienten größer als drei Monate. "Spitzenreiter" war ein Radiologe aus Paderborn, bei dem ein Kassenpatient nach 180 Tagen einen Termin bekommen hätte, ein Privatversicherter nach vier Tagen.

Von allen acht untersuchten NRW-Regionen war in Bonn und Umgebung der Unterschied der Terminwartezeiten zwischen Privatversicherten und Kassenpatienten besonders groß: 24 Tage. Danach folgten Köln und Bielefeld, wo Kassenpatienten jeweils 23 Tage länger warten als Privatpatienten, wie Fraktionsvize Bärbel Höhn mitteilte. In Münster sind es dagegen nur zwölf Tage. In Bonn wartete ein gesetzlich Versicherter im Durchschnitt 29 Tage auf einen Facharzttermin (Köln: 27 Tage), Privatversicherte bekamen dagegen schon nach fünf Tagen (Köln: vier Tage) einen Termin.

Ende 2011 hatte die Grünen-Bundestagsfraktion eine solche Erhebung schon einmal durchgeführt. Damals mussten Kassenpatienten im Schnitt 23 Tage auf einen Facharzttermin warten, jetzt waren es noch 20 Tage.

Die Bundesregierung plant in diesem Herbst ein Gesetz für "Terminservicestellen" in den Kassenärztlichen Vereinigungen, über die Kassenpatienten binnen vier Wochen einen Termin bekommen sollen.

Die Bonner Grünen-Abgeordnete Katja Dörner nannte die geplanten Terminservicestellen "teilweise sinnvoll". Allerdings werde man damit die großen Unterschiede bei der Terminvergabe nicht ändern. Die Grünen treten für eine Bürgerversicherung ein, in die "alle nach ihrer Leistungsfähigkeit" einzahlen und es für Ärzte keine Gründe gebe, bestimmte Patienten zu bevorzugen.

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