Taser Neue Waffe für die NRW-Polizei gefordert

BONN · Nach den Schüssen auf einen Asylsuchenden setzt sich die Polizeigewerkschaft für die Distanz-Elektroimpulswaffe ein.

 Nur eine Übung: Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei Frankfurt stoppen bei der Bewältigung einer Amok-Bedrohungslage den "Täter" mit einem sogenannten Taser.

Nur eine Übung: Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei Frankfurt stoppen bei der Bewältigung einer Amok-Bedrohungslage den "Täter" mit einem sogenannten Taser.

Foto: dpa

Im Abstand nur weniger Tage haben sich Anfang des Monats zwei spektakuläre Fälle ereignet, bei denen Polizisten ihre Waffen einsetzten. Am 1. August schossen SEK-Beamte wohl mehrfach vor dem Paulusheim in Bonn-Endenich auf einen 23-jährigen Flüchtling aus Guinea, der mit Messern bewaffnet war und im Streit einen anderen Flüchtling verletzt hatte. Dabei wurde der 23-Jährige schwer verletzt (der GA berichtete mehrfach).

Nur vier Tage später, am 5. August, erschoss ein Polizeibeamter einen 39 Jahre alten Mann im Polizeipräsidium von Oberhausen, nachdem dieser einen anderen Mann mit einem Messer attackiert hatte. Aus Sicht von Udo Schott, Vorsitzender der Kreisgruppe Bonn der Gewerkschaft der Polizei (GdP), stellt sich nach diesen Ereignissen erneut die Frage nach einer ergänzenden Bewaffnung von Polizisten.

Eine Alternative zum Schusswaffengebrauch

Wäre ein sogenannter Taser, eine Distanz-Elektroimpulswaffe, zum Einsatz gekommen, glaubt Schott, "hätte möglicherweise der Gebrauch der Schusswaffen verhindert werden können". Denn alle anderen, schonenderen Mittel wie der Einsatz einer Verhandlungsgruppe und von Pfefferspray waren seinen Informationen nach bei den Vorfällen ohne Erfolg geblieben. Der Taser macht Angreifer für eine Zeit lang bewegungsunfähig. Daher fordere die Bonner Kreisgruppe der GdP, dass zumindest in jedem Streifenwagen ein solcher Taser griffbereit liegen soll. Auch mit Blick auf den Eigenschutz der Beamten, die sich in der Vergangenheit vermehrt mit Übergriffen konfrontiert gesehen hätten, betont Schott. Das für die Bewaffnung der Polizei zuständige Innenministerium NRW sieht das anders.

Schott weiß: Die Diskussion um den Einsatz von Tasern ist in der Vergangenheit oft emotional geführt worden. Auch weil es Missverständnisse im Zusammenhang mit dieser Waffe gegeben habe: "Der Taser ist kein Elektroschockgerät, was fälschlicherweise immer wieder behauptet worden ist", erklärt der Bonner Gewerkschaftsvorsitzende. Vielmehr handelt es sich um eine Distanz-Elektroimpulswaffe, die - vereinfacht ausgedrückt - zwei mit Widerhaken ausgestattete Pfeile an Drähten auf einen Angreifer abschießt. Nach Schotts Informationen liegt die effektive Reichweite zwischen drei und acht Metern. Die Pfeile dringen Injektionsnadeln gleich in die Haut des Menschen ein, und es wird mit einer bestimmten Frequenz ein Impuls im Körper erzeugt. Der gehe laut Schott über die Nervenbahnen und bewirke, "dass der Angreifer die Kontrolle über sein Muskelspiel verliert und sofort umfällt". Für eine knappe Minute sei der Täter dann "in jeder Weise aktionsunfähig", sodass die Einsatzkräfte diese Zeit nutzen könnten, um dem Aggressor beispielsweise Handschellen anzulegen.

Was zudem aus Sicht der Bonner GdP für den Einsatz eines Tasers spräche: "Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass es keine Folgewirkungen bei den getroffenen Personen gibt", so Schott. Gerade die Geschehnisse Anfang August in Bonn bestärken Schott, "den GdP-Landesbezirk zu bitten, sich beim NRW-Innenministerium für die Beschaffung von Tasern für Streifenpolizisten einzusetzen".

Auf Anfrage bestätigt Wolfgang Beus, einer der Sprecher des NRW-Innenministeriums, dass Taser seit 2000 bei den SEK-Kräften zum Einsatz kommen. Und zwar nur dort - wie in anderen Bundesländern auch. Bei den SEK-Einheiten sei die Verwendung auch "sinnvoll". Warum der Taser von den SEK-Leuten in Bonn nicht eingesetzt wurde, müssten laut Beus andere Stellen, vor allem die Staatsanwaltschaft, klären. Monika Volkhausen, Sprecherin der Bonner Staatsanwaltschaft, erklärte auf Anfrage, dass die Schussabgabe der Polizisten auf den 23-Jährigen weiterhin Gegenstand von Ermittlungen sei. Es solle geklärt werden, ob die Schüsse gerechtfertigt gewesen seien. Volkhausen bestätigte, dass Pfefferspray zum Einsatz gekommen sei.

Für das Innenministerium steht laut Beus fest, dass Taser nicht für Streifenbeamte und Einsatzhundertschaften geeignet sind: "Die Handhabung eines Tasers muss ständig geübt werden und verlangt einen hohen Ausbildungsaufwand." Schließlich sei die Handhabung nicht ganz ungefährlich, so der Ministeriumssprecher. Zum einen mit Blick auf das Opfer und zum anderen auch aus Sicht des Eigenschutzes des Polizisten. Schließlich kennt Beus zumindest einen Fall, "wo der Taser keine Wirkung zeigte" und die SEK-Leute zum Eigenschutz von der Schusswaffen hätten Gebrauch machen müssen. Bei einem Geräteversagen könnten die SEK-Leute auch andere Techniken und Taktiken anwenden.

Trotzdem will Schott an dem Thema dranbleiben, weil er sagt: "Der Einsatz eines Tasers wäre nicht nur für die Angreifer, sondern auch für die Schützen weit weniger belastend." Schließlich kennt er viele Polizisten, die noch lange danach Gewissensbisse quälten, weil sie die Schusswaffe einmal auf einen Menschen gerichtet hatten.

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