Kein Grund zur Panik Nach der Hauswinkelspinne kommt jetzt die Kräuseljagdspinne

Bonn · Klein und unauffällig war einmal. Spinnen, die dank des Klimawandels nach Deutschland einwandern, sind groß, haarig - und gifitig. Warum das aber nicht schlimm ist, erklärt der GA.

Erst zwei Monate ist es her, da geisterte die Hauswinkelspinne durchs Netz und versetzte ganz Deutschland in Angst und Schrecken. Land auf, Land ab rollten Arachnophobiker vorsichtshalber schon mal die Magazine zusammen und übten ihre Rückhand. Wer die Hauswinkelspinne schon gruselig fand, wird nun wahrscheinlich zum Flammenwerfer greifen: Diesen Winter kommt die Kräuseljagdspinne wieder in unsere Wohnungen. Mit ihrem Aussehen erinnert sie an eine Mischung aus Vogelspinne und Tarantel: groß, haarig, lange Beine - und giftig ist sie auch.

Bevor hier wieder Panik ausbricht: Das muss man alles relativ sehen. Rund zwei Zentimeter kann sie im Durchmesser haben, ihre Beinspanne kann bis zu sechs Zentimeter betragen. Im internationalen Vergleich liegt sie damit aber nicht an der Spitze. Arten wie die Goliath-Vogelspinne können auf eine Gesamtlänge von rund 30 Zentimetern kommen.

"In Deutschland sind die allermeisten Spinnen nur wenige Millimeter groß", weiß Spinnenexperte Hans-Joachim Krammer vom Museum Koenig. Die meisten Mitglieder der größten Familie in Deutschland, die Baldachinspinnen, würden maximal einen Zentimeter groß werden. Nur die wenigsten würden einen Körperdurchmesser von zwei Zentimetern überhaupt überschreiten.

Von der Adria an den Rhein

Ursprünglich kommt die im Fachjargon Zoropsis spinimana genannte Spinne übrigens aus dem Mittelmeerraum. Wegen der weltweit steigenden Temperaturen träten immer mehr "wärmeliebende Spinnenarten" den Weg Richtung Norden an, schreiben die Forscher der Zoologischen Staatssammlung München.

Letztes Jahr im Oktober gelang es den Münchnern, den genetischen Code der Kräuseljagdspinne zu entschlüsseln. Sie vermeldeten, dass die Kräuseljagdspinne sich nun auch im Raum München angesiedelt habe. Hier in der Region sei der Achtbeiner allerdings nichts Neues, meint Krammer. Seit rund 15 Jahren sei die Spinne hier heimisch, schätzt er. Auf ihrer Wanderung müssten Arten "geografische Barrieren" umgehen, so der technische Assistent, in diesem Fall die Alpen. "Viele Arten wandern rechts herum, diese ist links herum gekommen". Obwohl NRW nördlicher liegt als Bayern, sei die Spinne so früher im Rheintal angekommen.

Nur unwesentlich giftig

Die Spinne hat ein relativ starkes Gift - im Vergleich zu anderen einheimischen Arten. Krammer betont: "Es gibt in Mitteleuropa keine für den Menschen gefährliche Spinnen." Als giftigste Spinne Europas gilt der Ammen-Dornfinger (Cheiracanthium punctorium). Eine Frau, die vom Dornfinger gebissen wurde, habe ihm diesen Sommer davon berichtet. "Die Biss-Stelle tat weh und war kurz angeschwollen", habe sie erzählt. Vergleichbar sei der Biss der Dornfinger mit einem Wespenstich, sagt Jörg Spelda von der Zoologischen Staatssammlung München. Ohnehin würde die Spinne nur zubeißen, wenn sie sich bedroht fühle, schrieb das Naturkundemuseum Karlsruhe.

Weil die Kräuseljagdspinne Wärme mag, findet man sie hierzulande eher im Haus als vor der Tür. Netze bauen die Tiere nicht: "Vielmehr fangen sie ihre Beute, indem sie diese verfolgen und im Sprung überwältigen", so das Naturkundemuseum. Sie sei nachtaktiv und könne wegen ihrer Jadgmethode auch größere Spinnen fangen.

Der Trend geht Richtung Norden

Wahrscheinlich wird sie nicht die letzte eingewanderte Spinnenart bleiben. Im Zuge des Klimawandels und der milder werdenden Temperaturen wird die "Einreise" für fremde Arten tendenziell leichter. "Ich fürchte, wir müssen uns daran gewöhnen", schlussfolgert Krammer. Spinnen hätten im Übrigen "einen gewaltigen Einfluss auf das Ökosystem", so der Wissenschaflter. "Ich finde es lustig: Die Leute regen sich darüber auf, dass Spinnen Ungeziefer sind. Dabei fressen sie eine unfassbare Menge an Insekten weg." 'Echte' Schädlinge könnten so in Schach gehalten werden.

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