Umfassende Wertermittlung durch einen Fachmann vor Ort ist alternativlos Mondpreise werden nicht akzeptiert

Bonn · Angesichts großer Nachfrage nach Immobilien haben Makler oft viel zu tun, um Verkäufer von einer realistischen Wertermittlung zu überzeugen.

 Lage, Lage, Lage: Auch in Zeiten hoher Immobilienpreise können Verkäufer am Markt nicht jeden geforderten Preis für ihr Haus erzielen.

Lage, Lage, Lage: Auch in Zeiten hoher Immobilienpreise können Verkäufer am Markt nicht jeden geforderten Preis für ihr Haus erzielen.

Foto: Getty Images

Was die Preisentwicklung für Immobilien angeht, kennt der Index seit Jahren auch in der Bonner Region nur eine Entwicklung: nach oben. Die große Nachfrage verleitet allerdings manche Verkäufer dazu, ihre Wohnung beziehungsweise ihr Haus für einen aus Expertensicht nicht mehr marktgerechten Preis auf dem Markt anzubieten - und zwar oft mit Hilfe von Maklern.

Dabei müssen seriöse Büros mitunter viel Energie darauf verwenden, ihre Kunden von den Vorteilen einer realistischen Wertermittlung zu überzeugen, die vor allem auf harten Fakten beruht.

Aber auch aus Sicht des IVD West ist das der allein zielführende Weg zum zeitnahen Verkauf eines Objektes. In dem Zusammenhang raten Experten aus der Region auch: Verbraucher sollten auf keinen Fall Wertgutachten über derzeit viel beworbene Internetdienstleister einholen.

Das Problem, oft überzogener Preisvorstellungen auf Verkäuferseite, stellt sich für das Bad Godesberger Maklerbüro von Peter Sattler schon lange, genauer gesagt seit 2010.

Damals hatte Geschäftsführer Peter Sattler einen so großen Aufklärungsbedarf gesehen, dass er fortan regelmäßig Informationsveranstaltungen für potenzielle Verkäufer anbot. Diese Reihe hat aus Sicht von Sattlers Sohn Jan-Peter Sattler-Riegel, der inzwischen mit in der Geschäftsführung sitzt, nichts an Aktualität verloren.

Im Gegenteil: "Es ist in der Tat nach wie vor ein Problem, dass viele Eigentümer mittlerweile gefühlte Höchstpreise ungeprüft übernehmen", sagt Sattler-Riegel Junior. Darum ist für den 22. Mai die 42. Info-Veranstaltung zu dem Thema geplant.

Allerdings weist Jan-Peter Sattler-Riegel darauf hin, dass die Preisentwicklung nicht in allen Stadtteilen von Bonn gleich ist, dass es auch objektbezogen große Unterschiede gibt: "Teilweise müssen wir mittlerweile nach Straßenzug, ja mitunter nach Straßenseite differenzieren."

Warum ein überzogener Kaufpreis zum Problem wird, erklärt Jan-Peter Sattler-Riegel so: "Käufer in Bonn suchen teilweise sehr lange nach der passenden Immobilie und kennen den Markt und die Preise ganz genau", so der Makler: "Ein unrealistischer Kaufpreis verhindert daher den Verkaufserfolg."

Sattler-Riegel spricht vom "Sauerbier-Effekt". Recht bekommt er von seinem Makler-Kollegen Franz Lanzendörfer, der auch Mitglied im Gutachterausschuss der Stadt Bonn ist: "Einige Eigentümer sind der Auffassung, dass jeder Kaufpreis erzielt werden kann."

Doch Eigentümer seien Laien in der Immobilienbewertung, und daher würden oft Fehler gemacht. Lanzendörfer: "Wenn der Kaufpreis zu hoch angesetzt wird, muss dieser häufig nachträglich reduziert werden. Mondpreise werden nicht akzeptiert." Schließlich würden Kaufinteressenten auch die einschlägigen Internetportale durchforsten und die Preise bestimmter Objekte verfolgen.

Mancher würde sich daher fragen: "Warum ist die Immobilie reduziert worden? Stimmt irgendetwas nicht?" In diesen Fällen zieht sich laut Lanzendörfer der Verkauf einer Immobilie oft in die Länge, "und später wird diese häufig unter dem üblichen Marktwert verkauft".

Auch Susanne Trösser, Vorstandsmitglied des IVD West für die Region Köln/Bonn/Aachen, sagt: "Verkäufer versuchen bisweilen tatsächlich, höhere Kaufpreise durchzusetzen." Allerdings funktioniere dies eher nicht mit Hilfe von guten Maklern, so Trösser weiter, "denn die kennen den Markt und sind auch in der Lage, marktgerechte Preise zu ermitteln und diese dem Verkäufer zu erklären."

Es nütze dem Verkäufer ja nichts, wenn er einen überhöhten Preis fordere, der aber vom Markt nicht gezahlt wird, führt die IVD-Fachfrau aus: "Es nützt ihm auch nichts, wenn er über einen längeren Zeitraum anbieten muss, um den adäquaten Käufer zu finden."

Darum sei es ratsam, erfahrene, ortsansässige Makler zu kontaktieren: "Die klären eben auch gut auf und wissen, welcher Preis gezahlt wird und welchen Preis dann auch die Banken und Sparkassen bei ihren Kunden akzeptieren." Wenn der Preis nämlich zu hoch sei, werde mehr Eigenkapital verlangt und die niedrigen Zinsen würden mit höherer Tilgung kombiniert, "damit die Banken kein Risiko haben", sagt Trösser.

In dem Zusammenhang weist Sattler-Riegel daraufhin: "Makler haften gegenüber dem Verkäufer für einen etwaigen Vermögensschaden, wenn sie wissentlich ein Objekt zu teuer anbieten, um den Verkaufsauftrag vom Eigentümer zu erhalten."

Ein solches Verhalten schade nicht nur dem Verkäufer, sondern dem Ansehen der ganzen Branche. Vor allem vor dem Hintergrund der Bankenkrise würden deutsche Kreditinstitute bei Finanzierungen "ganz genau hinsehen", erklärt er: "Phantasiepreise werden nicht finanziert."

Worauf es bei einer realistischen Wertermittlung ankommt? "Seriöse Makler und Gutachter - auch die Banken - beziehen objektive Kriterien ein", erklärt Wilhelm Wester, Sprecher der Volksbank Köln Bonn.

Dazu gehörten Daten der Gutachterausschüsse bei den Kommunen, zudem harte Fakten wie Alter, Schnitt und Zustand einer Immobilie. Ganz wichtig ist aus Sicht des Volksbank-Experten aber weiterhin der Faktor "Lage, Lage, Lage".

Auch ein Sanierungsstau spielt eine entscheidende Rolle: "Ein unsaniertes Haus Baujahr 1960 wird nie denselben Preis erzielen wie das Nachbarhaus, das aber 2010 kernsaniert wurde", weiß Makler Sattler-Riegel: "Viele Eigentümer erkennen häufig notwendige Renovierungen nicht, beziehungsweise schätzen den Sanierungs- oder Modernisierungsstau unzureichend ein."

Auch manches Inventar wie eine Küche, die vor 20 Jahren noch 30.000 Euro gekostet hat, sei heute beinahe wertlos.

Keine Alternative zu einer umfassenden Wertermittlung durch einen Fachmann vor Ort sind nach Aussage von Bernd Viebach, Projektleiter im Bonner Maklerunternehmen Kraft Immobilien, Onlinebewertungen: "Eine Immobilienbewertung durch entsprechende Portale dauert zwar nur rund zwei Minuten", so Viebach, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.

Das Problem bei einer Onlinebewertung sei jedoch: "Der angegebene Verkaufspreis ist nur ein theoretischer Wert und kann über 25 Prozent nach oben beziehungsweise nach unten vom tatsächlichen Wert abweichen."

Es würden nämlich nach dem Vergleichswertverfahren nur die Durchschnittspreise aller ähnlichen Immobilien verwendet, die in den vergangenen Jahren in ihrer Nähe verkauft wurden. Verlässlicher ist laut Lanzendörfer die Kaufpreissammlung, die der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Bundesstadt Bonn führe und auswerte. Die stelle eine solidere Faktengrundlage für eine Wertermittlung dar: "In der Kaufpreissammlung werden tatsächlich gezahlte Kaufpreise zugrunde gelegt."

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