Sportler können Muskelverletzungen durch Dehnen vorbeugen

Bonn · Das nervt: Endlich hat sich der Gelegenheitsjogger vom inneren Schweinehund befreit, da knickt er auf den letzten Metern um - und plötzlich schießt der Schmerz durchs Bein. Ein Muskel ist verletzt. Was nun?

 Dehnen schadet nie - flexible Muskelfasern beugen Zerrungen und Schlimmerem vor. Foto: Kai Remmers

Dehnen schadet nie - flexible Muskelfasern beugen Zerrungen und Schlimmerem vor. Foto: Kai Remmers

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Muskelverletzungen sind die häufigsten Sportverletzungen überhaupt. Mitten im Training zwickt und pikt es plötzlich in der Wade - oder ein stechender Schmerz schießt durchs Bein. "Den Muskel kann man sich wie ein Seil vorstellen, das aus vielen einzelnen Elementen besteht", sagte Markus Klingenberg vom Sportärztebund Nordrhein dem dpa-Themendienst. Die einzelnen Elemente, das sind tausende Muskelfasern. Zerrt sich ein Sportler einen Muskel, heißt das konkret, dass er einige dieser Fasern überdehnt und dadurch verletzt.

Der Sportler spürt die Zerrung an einem krampfartigen Schmerz. Ein blauer Fleck entsteht nur selten. Dass die Zerrung so unsichtbar bleibt, kann zum Problem werden: "Der Laie assoziiert die Zerrung nicht mit einer relevanten Verletzung", sagte Klingenberg. Deshalb reagiert er oft nicht, obwohl er es sollte. "Eine Viertelstunde lang kühlen", rät Klingenberg als Erstbehandlung. Für die folgenden Tage empfiehlt er, den betroffenen Muskel aktiv anzuspannen und wieder zu entspannen - das lockere den Muskel. Passives Dehnen sei ebenfalls hilfreich. Nach etwa fünf bis sieben Tagen ist die Zerrung im Regelfall verheilt.

Länger dauert es, wenn einige Muskelfasern nicht gezerrt, sondern gerissen sind. Den Muskelfaserriss merken Betroffene an einem spitzen Schmerz, zum Teil spüren sie sogar das Reißen an sich. "Es blutet schneller ein", sagte der Sportmediziner. Das heißt: Ein blauer Fleck entsteht. Außerdem lässt sich dort, wo die Fasern gerissen sind, eine Delle tasten. "Die Erstbehandlung ist hier entscheidend." Der Betroffene müsse den Muskel sofort ruhig stellen und einen elastischen Druckverband anlegen.

"Mindestens einen Tag sollte man den Muskel hochlegen und kühlen", so Klingenberg. Die anschließende Behandlung dauere rund zwei Wochen - ist ein ganzes Bündel an Muskelfasern gerissen, noch einige Wochen länger. Vitamine und Enzympräparate können in dieser Zeit helfen: "Sie fördern den Abbau der zerstörten Zellen und den Aufbau neuer."

Das Wichtigste sei, Muskelverletzungen vollständig verheilen zu lassen. "Der Hauptgrund, eine neue Sportverletzung zu bekommen, ist eine alte Sportverletzung", sagte Klingenberg. Um weitere Muskelverletzungen zu vermeiden, sollten Sportler außerdem viel Wert auf ihre Beweglichkeit legen und sich deshalb gut dehnen: So reagieren die Muskeln das nächste Mal flexibler, wenn der Sportler wieder umknickt. Jede Dehnübung sollte mindestens 30 Sekunden andauern, damit auch die steiferen Elemente im Muskel davon profitieren. Zusätzliche Kräftigungsübungen beugen zu schnellem Ermüden der Muskulatur vor.

Besonders riskant für Zerrungen und Faserrisse sind sogenannte muskuläre Dysbalancen und Asymmetrien, wenn zum Beispiel ein Bein beweglicher ist als das andere. Bei den Dysbalancen stimme das Kräfteverhältnis innerhalb einer Extremität oder zwischen den Körperhälften nicht, erklärte Klingenberg. Das wird am Beispiel von Topsprintern deutlich: Die Muskeln auf der Vorderseite des Oberschenkels seien viel kräftiger als die an der Hinterseite. Dann könne es passieren, dass die eigene Kraft von der Vorderseite die Fasern in der Hinterseite zerreißt. Ein gezieltes Training, am besten mit einem Physiotherapeuten, gleiche solche Asymmetrien und Dysbalancen aus.

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