Schlafprobleme Keine Entspannung: Nachtschreck und Alpträume bei Kindern

Potsdam · Nachtschreck und Alpträume halten viele kleine Kinder wach - und damit auch den Rest der Familie. Viel tun können Eltern in beiden Fällen nicht. Mit ein paar Übungen können sie ihr Kind aber gestärkt in die nächste Begegnung mit den Monstern schicken.

 Selig schlummern: Das klappt bei Kindern nicht jede Nacht. Oft hören Alpträume und der Nachtschreck aber von selbst auf.

Selig schlummern: Das klappt bei Kindern nicht jede Nacht. Oft hören Alpträume und der Nachtschreck aber von selbst auf.

Foto: Silvia Marks

Es gibt für viele Eltern in den ersten Jahren wohl kaum ein beherrschenderes Thema als Schlaf. Schlafen die Kinder schlecht oder zu wenig, leiden Lebensqualität und Nervenkostüm der Erwachsenen.

Als ob der Kampf um Schlafzeiten und -dauer noch nicht genug wäre, gibt es zwei weitere Phänomene, die die Nachtruhe aller Familienmitglieder gehörig stören können: den Nachtschreck und Alpträume. Welche Ursachen dahinter stecken und wie Eltern richtig reagieren können, zeigt folgender Überblick.

Worin unterscheiden sich Nachtschreck und Alptraum?

Beim Nachtschreck, auch Pavor nocturnus genannt, schrecken Kinder plötzlich aus dem Schlaf hoch und schreien teils panisch. Sie sind nicht ansprechbar und reagieren nicht auf Berührungen. Am nächsten Morgen können sich die Kinder an nichts mehr erinnern - ganz im Gegensatz zu den Eltern: "Für sie ist der Nachtschreck sehr beunruhigend", sagt Prof. Thomas Erler, Direktor für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Westbrandenburg. Denn die Kinder scheinen völlig in einer anderen Welt gefangen. Trotz seiner beängstigenden Form hat der Nachtschreck keinerlei negative Auswirkung auf die geistige Entwicklung der Kinder.

Alpträume äußern sich anders: Kinder wachen danach auf, reagieren auf Ansprache und können sich oft sehr genau an den Traum erinnern. Meist sind sie verängstigt und können erst einmal nicht mehr gut einschlafen.

Wie reagieren Eltern richtig?

Auch, wenn es sich intuitiv falsch anfühlt: Beim Nachtschreck können Eltern nicht viel tun. Die beste Strategie ist: "Abwarten, dabeisitzen, ruhig bleiben", rät Erler. Auf keinen Fall sollte man versuchen das schreiende Kind wach zu rütteln. Besser ist, es sanft wieder hinzulegen, wenn es sich etwas beruhigt hat. In den meisten Fällen hört der Nachtschreck irgendwann von alleine auf.

Bei Alpträumen können Eltern aktiv etwas tun: "Viele Kinder brauchen nach einem schlimmen Traum Körperkontakt. Deshalb nimmt man sie am besten in den Arm und beruhigt sie", rät Katharina Rödiger. Sie ist Diplom-Psychologin und untersucht als Somnologin Schlafstörungen. Rödiger arbeitet im Universitäts-Kinderschlaflabor am KUNO-Standort St. Hedwig im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg. Wenn das Kind möchte, darf es von seinem bösen Traum erzählen. Wenn nicht, sollten Mutter oder Vater es aber nicht ausfragen. Sonst setzt sich der Schreck aus dem Traum womöglich fest.

Falsch wäre es, wenn Eltern den schlechten Traum ihres Kindes nicht ernst nehmen: "Für Kinder sind Träume real", erklärt Prof. Michael Schredl, Leiter des Schlaflabors am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Erst mit etwa fünf Jahren können Mädchen und Jungen zwischen Traum und Realität unterscheiden. Deshalb sollten Eltern unter dem Bett gemeinsam mit dem Kind nach Monstern schauen oder überprüfen, ob hinter dem Vorhang ein Geist hängt - auch, wenn es lächerlich scheint.

Warum kommt es zu Nachtschreck und Alpträumen?

Die Ursachen sind in beiden Fällen nicht klar. Manchmal liegt die Ursache für den Nachtschreck im Familiengefüge - etwa, wenn dicke Luft zwischen den Eltern herrscht oder viel gestritten wird. "Selten können auch Atemstörungen dahinterstecken", sagt Erler. Um das auszuschließen, sei eine Untersuchung im Schlaflabor nötig. Bei den meisten Kindern könne man aber gar keine Gründe für das Hochschrecken finden.

Auch bei Alpträumen gibt es allenfalls Erklärungsversuche: "Es sind die sensiblen und dünnhäutigen Kinder, die eher eine Neigung dazu haben", sagt Schredl, der auch Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin ist. Und natürlich können belastende Situationen in der Familie ähnlich wie beim Nachtschreck auch schlechte Träume hervorrufen.

Gruselige Filme oder Hörspiele hält Rödiger nicht an sich für den Auslöser: "Es ist eher die Bilderflut, die problematisch ist, nicht so sehr die Inhalte." Hier können Eltern die Medienzeit beschränken und darauf achten, dass genug Zeit für ein Einschlafritual bleibt.

Wie können Eltern noch helfen?

Am besten werden böse Träume in etwas Positives verkehrt. Dazu müssen Kinder zuerst mit der angstauslösenden Situation konfrontiert werden: "Man lässt sie die wichtigste Szene zeichnen", erklärt Schredl. Dann sollen Kinder etwas einzeichnen, was ihnen weniger Angst macht. Ein Beispiel: Träumen Kinder immer wieder von Gespenstern, die sie jagen, können sie ein Tier zwischen das Gespenst und sich malen, das sie beschützt. Wichtig ist, dass es eine aktive Strategie ist. Weglaufen dagegen verstärkt die Angst. Dieses Bild sollten sich Eltern immer wieder mit ihren Kindern anschauen, damit es sich einprägt.

Eine andere Möglichkeit ist es, sich mit dem Kind auf Alpträume vorzubereiten, indem man sie durchspielt: "Man kann Kinder stärken, indem man ihnen sagt: "Das nächste Mal, wenn das Monster kommt, schützt du dich mit einem Schwert"", sagt Rödiger. Oder man überlegt, wie man den Traum auflösen kann, ruhig mit einer lustigen oder abstrusen Note, beispielsweise dem Monster einen Kaugummi anzubieten.

Welche Altersgruppen sind betroffen?

Der Nachtschreck tritt am häufigsten bei Vorschulkindern zwischen zwei und sechs Jahren auf. Alpträume treten häufig in der Altersspanne drei bis neun Jahre auf. Unter drei Jahren sei es unwahrscheinlich, dass Kinder Alpträume haben, sagt Rödiger. Erst ab diesem Alter können sich Kinder bedrohliche Wesen, Geister und Monster vorstellen und lernen, sie von der Wirklichkeit zu unterscheiden. Die gute Nachricht: Ab dem zehnten Lebensjahr nehmen Alpträume ab. "Wahrscheinlich weil Kinder bis dahin gelernt haben, anders mit ihren Ängsten umzugehen", sagt Schredl.

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