Lebensversicherungen leiden unter dem Zinstief

München · Die Lebensversicherung ist für Millionen Deutsche der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge. Die niedrigen Zinsen nagen aber seit Jahren an den Erträgen. Lohnt sich die Lebensversicherung nach der erneuten Senkung der Leitzinsen überhaupt noch?

 Das Zinstief ist ein Dilemma für Lebensversicherer. Als Ausweg bieten einige Policen ohne Garantiezins an. Foto: Arno Burgi

Das Zinstief ist ein Dilemma für Lebensversicherer. Als Ausweg bieten einige Policen ohne Garantiezins an. Foto: Arno Burgi

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Die Zins-Talfahrt in Deutschland bringt die Lebensversicherung weiter unter Druck. Seit Jahrzehnten ist sie der Liebling der deutschen Sparer für die Altersvorsorge, weil sie feste Zinsen für Jahrzehnte garantiert und den Todesfall absichert. Mit rund 90 Millionen Verträgen gibt es mehr Lebensversicherungen in Deutschland als Einwohner. Der Wert der meisten Lebensversicherungen geht aber in den Keller, weil die Versicherer ihr Geld nicht mehr so profitabel angelegen können wie früher. Die erneute Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank auf ein Rekordtief könnte die Probleme verschärfen.

Probleme machen den Lebensversicherungen vor allem die alten Verträge. Aus den 1990er Jahren haben viele Sparer noch Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent auf das Sparguthaben, die ihnen die Versicherer nun liefern müssen. Das gelingt ihnen immer schlechter, weil jedes Jahr alte, hochverzinste Anleihen, in denen die Versicherer viel Geld angelegt haben, auslaufen. Mit der Neuanlage verdienen sie längst nicht mehr soviel.

Inzwischen liegt der Garantiezins zwar nur noch bei 1,75 Prozent - auch das ist heutzutage aber viel. Die Garantiezinsen müssen die Konzerne in ihrer Bilanz finanziell absichern, was hohe Kosten verursacht. Zusätzlich zum Garantiezins erhalten die Kunden eine Überschussbeteiligung, mit der sie von der Geldanlage-Strategie der Versicherung profitieren. Auch deren Wert ist in den vergangenen Jahren gesunken. Die durchschnittliche Gesamtverzinsung einer Lebensversicherung lag nach Angaben des GDV zuletzt aber immer noch bei mehr als 4 Prozent. Aus Sicht vieler Sparer bleibt sie damit trotz aller Probleme ein wichtiger Baustein zur Altersvorsorge.

Die Versicherer passen ihren Verkaufsschlager aber an die neuen Umstände an. Als Ausweg aus dem Zins-Dilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert wird den Kunden nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten - geht es bergauf, profitieren auch die Kunden. Auch die eingesparten Garantiekosten sollen an die Kunden weitergegeben werden.

Beim Marktführer Allianz laufen diese abgespeckten Lebensversicherungen nach Schilderung des Unternehmens prächtig an. Im September machte die neue Lebensversicherung nach Angaben von Wemmer 13 Prozent des gesamten Neugeschäfts aus. "Es scheint so zu sein, als wird es eine der erfolgreichsten Produkteinführungen für unsere Gruppe." Auch die Ergo meldet einen guten Start mit ihren neuen Versicherungen ohne Garantiezins. "Wir sind sehr zufrieden", sagte ein Sprecher.

Bei der Konkurrenz dürften diese Äußerungen aufmerksam gehört werden - denn gerade die kleinen Versicherungen wollten erstmal abwarten, wie es bei den Großen läuft, bevor sie ihre Lebensversicherungen 2.0 auf den Markt bringen. "Die anderen werden nachziehen müssen", sagt Finanzexperte Hans-Peter Burghof. Den Kunden garantierten die neuen Lebensversicherungen immerhin den Erhalt ihres Kapitals. Das sei den leidgeprüften Sparern inzwischen auch schon etwas wert.

Verzinsung von LebensversicherungenGarantiezins: Mit diesem Zins können die Kunden sicher rechnen. Festgesetzt wird der Garantiezins vom Bundesfinanzministerium. Seit 1990 wurde er schrittweise gesenkt und liegt derzeit beim neuen Tiefstwert von 1,75 Prozent. In Altverträgen sind es bis zu 4 Prozent. Wegen der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten fällt es den Versicherungen immer schwerer, den Garantiezins zu halten. Einige Anbieter verzichten in neuen Verträgen inzwischen auf einen Garantiezins.

Überschussbeteiligung: Mit der Überschussbeteiligung profitiert der Kunde von der Geldanlage-Strategie der Versicherung. Sie ergibt sich aus einem Zinssatz, der je nach Wirtschaftslage jedes Jahr neu beschlossen wird. In diesem Jahr liegt sie nach Angaben der Ratingagentur Assekurata bei 3,61 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es noch 3,91 Prozent. Der Konzernvorstand entscheidet am Jahresende, ob die Überschussbeteiligung für das folgende Jahr geändert werden sollte. In den vergangenen Jahren ging die Überschussbeteiligung wegen der Zinsflaute an den Kapitalmärkten deutlich zurück.

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