Photovoltaik im Kleinen So werden Stecker-PV-Anlagen richtig angeschlossen

Bonn · Pascal Köhn von Bonn-Netz erklärt, warum Stecker-PV-Anlagen nicht einfach an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden können.

 Sonnenstrom muss nicht vom Dach kommen: Stecker-PV-Anlagen findet man auch im Garten.

Sonnenstrom muss nicht vom Dach kommen: Stecker-PV-Anlagen findet man auch im Garten.

Foto: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR SONNENENERGIE

Herr Köhn, wo liegt für die Netzbetreiber das Problem bei der Verwendung dieser Geräte?

Pascal Köhn: Das Konzept, einen Stecker und eine Steckdose für die Verbindung zwischen Stromnetz beziehungsweise Haushaltsverteilung und Energieverbraucher und -erzeuger zu verwenden, sieht vor, dass nicht-isolierte Teile aus Sicherheitsgründen im ausgesteckten Zustand spannungsfrei sind. Deshalb wird elektrische Energie immer aus einer berührungssicheren Steckdose an einen Schutzkontaktstecker übertragen. Die haushaltsüblichen Schutzkontaktstecker sind für Verbraucher vorgesehen, da an den nicht-isolierten Stiften des Steckers im ausgesteckten Zustand keine Spannung anstehen kann.

Es kommt aber noch ein weiterer Punkt hinzu?

Köhn: Schutzkontaktstecker könnten falsch herum eingesteckt werden. Da wir in Steckdosen aber einen Hin- und einen Rückleiter haben, darf die PV-Anlage nicht auf dem Rückleiter einspeisen. Für 2019 wird eine Produktnorm speziell für „Stecker-PV-Anlagen“ erwartet.

Welchen Anforderungen stellt Bonn-Netz an den Betrieb einer Stecker-PV-Anlage?

Köhn: Wir orientieren uns bei den Anforderungen für unser Netzgebiet an den geltenden Normen und der Gesetzeslage. Wir schreiben die Verwendung eines speziellen Energieeinspeisesteckers oder den Festanschluss der PV-Anlage an die Hausverteilung vor. Hinsichtlich der Anlagenleistung existiert derzeit kein Schwellwert, den wir fest vorgeben können. Allerdings lassen wir grundsätzlich nur Anlagen für die Eigenerzeugung zu, da in das Stromnetz eingespeiste Energie immer gemessen und am Energiemarkt angeboten werden muss. Das schreibt die aktuelle Rechtslage vor, bei der eine Bagatellgrenze vorgesehen ist. Deshalb behalten wir es uns vor, den reinen Eigenverbrauch anzuzweifeln und gegebenenfalls eine Bewertung des Eigenverbrauchs durch ein Fachunternehmen vor der Anschlusszusage einzufordern.

Was hat es mit den rücklaufgesperrten Zählern auf sich?

Köhn: Es ist ein wichtige Randbedingung, dass ein rücklaufgesperrter Zähler für die Energiemessung am Hausanschluss eingesetzt wird. Zähler, die bei Energieeinspeisung zurückdrehen, würden den ursprünglichen Strombezug verfälschen und dementsprechend dazu führen, dass der Energielieferant und der Netzbetreiber keine Vergütung für den Bezug erhalten, obwohl eine Dienstleistung erbracht wurde. Für die Anmeldung hat die Bonn-Netz GmbH ein vereinfachtes Anmeldeformular entworfen: www.bonn-netz.de/Ein-speisung/Plug-in-Solarstromanlagen.

Und wenn mancher Kunde auch ohne Anmeldung seine Stecker-PV-Anlage anschließt?

Köhn: Wir raten entschieden davon ab. Im Rahmen der Anmeldung prüfen wir, ob alle Voraussetzungen für den technisch sicheren Anlagenbetrieb und die Personensicherheit gegeben sind. Bei einer akuten Gefahr für Personen oder einer Gefährdung unseres Stromnetzes sind wir verpflichtet, Anlagen direkt außer Betrieb zu nehmen. Ohne Anschlusszusage ist der Anlagenbetreiber grundsätzlich verantwortlich.

Das Berliner Startup indielux will den Steckdosenanschluss von stromerzeugenden Geräten mit einer Software möglich machen.

Köhn: Grundsätzlich ändert die beworbene Softwarelösung nicht die geltenden Normen. Auch heute kann eine PV-Anlage durch Laien angeschlossen werden, wenn ein Energieeinspeisestecker verwendet wird. Soweit ich das Produkt der Firma verstehe, wird die Auslastung der Leitung, an der die Anlage angeschlossen ist, überwacht und verhindert, dass eine Überlastung der Leitung entsteht, die zu einem Kabelbrand führen kann. Das ist sicherlich eine sinnvolle Zusatzfunktion, löst aber nicht alle Probleme.

Hersteller von Stecker-PV-Anlagen behaupten, Netzbetreiber hielten die Hürden für den Betrieb künstlich hoch, weil sie um ihre Gewinne fürchten.

Köhn: Der Betrieb von Stromnetzen ist in Deutschland grundsätzlich ein Monopol, da es aus Gründen der Wirtschaftlichkeit keine parallelen Stromnetze gibt. Unsere Erlöse werden dabei von der Bundesnetzagentur überwacht. Die Summe unserer Netzerlöse ist vorgegeben und wird auf die Netzentgelte als Bestandteil der Strombezugskosten umgelegt. Dementsprechend haben PV-Anlagen für die Eigenerzeugung keinen Einfluss auf den Gewinn der Bonn-Netz GmbH.

Die Anlagen würden sich rasch rechnen, heißt es oft. Ist dem so?

Köhn: Die Bonn-Netz GmbH hat selbst keine Wirtschaftlichkeitsrechnung für Mikro-PV-Anlagen durchgeführt, so dass mir auch nur die veröffentlichten Zahlen bekannt sind. Wichtig ist es uns, auf die wesentlichen Rahmenbedingungen hinzuweisen, die den Kunden leider oft nicht dargestellt werden. Durch den Einsatz der Anlagen kann grundsätzlich nur Geld gespart werden, wenn aus dem Netz bezogene Energie direkt durch eigenerzeugte ersetzt wird. Dabei muss berücksichtigt werden, dass „große“ Verbraucher wie Kühlschränke nicht konstant Strom verbrauchen, sondern in Abständen von einigen Minuten für eine kurze Zeit Strom beziehen. Dementsprechend würde die PV-Anlage in der Zwischenzeit die gesamte erzeugte Energie ohne Vergütung in das Stromnetz einspeisen. Verbraucher müssen zunächst analysieren, wie hoch die sogenannte Grundlast im Haushalt ist. Wir empfehlen den Bürgerinnen und Bürgern, sich bei einem Elektrofachunternehmen beraten zu lassen. Erfahrungsgemäß liegt die Grundlast bei den meisten Haushalten in einem mittleren zweistelligen Watt-Bereich.

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