Schonzeiten und Nistkästen So schützen Sie Wildvögel in Bonn und der Region

BONN · Bonner Naturschützer weisen Gartenbesitzer auf die beginnende Vogelbrut und die Schonzeit für Gehölze hin. Wer in dieser Zeit unerlaubt Bäume fällt oder Hecken zu stark schneidet, muss mit hohen Strafen rechnen.

 Vor dem Nabu-Zentrum in Dünstekoven fand Peter Meyer den Steinkauz-Nistkasten.

Vor dem Nabu-Zentrum in Dünstekoven fand Peter Meyer den Steinkauz-Nistkasten.

Foto: Axel Vogel

Peter Meyer vom Naturschutzbund (Nabu) Bonn konnte nicht fassen, was Unbekannte am vergangenen Samstag vor das Naturschutzzentrum in Swisttal-Dünstekoven gelegt hatten: Einen Nistkasten, den der stellvertretende Nabu-Vorsitzende bestens kennt. Der Kasten hing bis vor wenigen Tagen an einem rund 50 Jahre alten Walnussbaum, der in einem Swisttaler Privatgarten stand. Das Besondere: Ein Steinkauz nutzte den Nistkasten in dem Baum als sein Heim.

Steinkäuze gehören laut Meyer zu den bedrohten Vogelarten in der Region: „Der Steinkauz steht auf der roten Liste. Wir haben in Swisttal nur noch etwa 20 Reviere mit etwa 26 Vögeln.“ Zu den vom Nabu betreuten Revieren gehörte eben auch jener ökologisch wertvolle Walnussbaum in dem Privatgarten, „der auch anderen Tieren als Lebensraum diente“, so Meyer, „und der nun von seinem Besitzer ohne Abstimmung mit dem Nabu gefällt wurde“, kritisiert er.

Das Ganze ist aus Sicht der Naturschützer kein Einzelfall, was auch daran liegt, dass es in vielen Gemeinden des Kreises keine Baumschutzsatzung gibt. Dadurch würden solche Fällaktionen begünstigt, findet Meyer. Leidtragende sind aus Sicht des Nabu neben den Insekten vor allem Vögel: „Viele Arten finden zur bald beginnenden Brutperiode kaum Nistmöglichkeiten“, bekräftigt der Rheinbacher Nabu-Aktivist Hans Troullier.

Er führt aus, „dass Rückzugsrefugien auch in Neubaugebieten Mangelware sind, weil dort nie Bäume gestanden haben und die Hausbesitzer eher auf kleine, aufgeräumte Grünflächen setzen“. Dabei lohne sich laut Troullier und Meyer für Gartenbesitzer die Rücksichtnahme auf einheimische Vögel durchaus.

Schonzeit ab 1. März im Rhein-Sieg-Kreis

In den Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises gilt: Am 1. März hat die Schonzeit für Hecken und Gebüsche begonnen, wie die Pressestelle des Kreises mitteilt. Die Schonzeit gilt bis zum 30. September. Erlaubt seien in der siebenmonatigen Schonzeit nur behutsame Form- und Pflegeschnitte, so der Kreis.

Warum Gartenbesitzer jetzt Zurückhaltung beim Grünschnitt üben sollten, erklärt Rainer Kötterheinrich, Leiter des Amtes für Umwelt- und Naturschutz: „Durch Radikalschnitte würde Vögeln und anderen Tieren die Lebensgrundlage entzogen.“ Wer jedoch zum „Kahlschlag“ ansetzt, verstößt gegen das nordrhein-westfälische Landschaftsgesetz und riskiert ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro. Und für das Fällen von Bäumen wie dem Walnussbaum gilt laut Kreis: „Der Walnussbaum befindet sich in einem privaten Garten, für den das Bundesnaturschutzgesetz keine Schonzeit für Bäume vorsieht “, betont Umweltdezernent Christoph Schwarz.

In Swisttal gebe es auch keine Baumschutzsatzung. Vor dem Fällen von Bäumen in privaten Gärten seien daher nur Artenschutzbelange zu prüfen: „Wenn jemand mit Sachkunde festgestellt hat, dass der Fällung kein Artenschutzbelang entgegensteht, war das Fällen des Baumes in Ordnung.“

Nabu-Experte Meyer bezweifelt aber, dass sich jemand mit Sachkunde den Baum vor der Fällung angesehen hat. Derartige Kahlschläge beobachtet Meyer vielerorts. Allein in Swisttal seien im vergangenen Jahr mehr als 70 Bäume in Privatgärten verschwunden. Auch andernorts würde abgeholzt, „so in Gärten und auf Obstwiesen in Wachtberg“. Für den Steinkauz sei dies besonders jetzt fatal: „Der Vogel muss sich von heute auf morgen einen neuen Unterschlupf suchen, weil im nächsten Monat die Brutsaison beginnt.“

Da es an Bäumen und anderen Nistmöglichkeiten wie Stallungen mangelt, zudem Vögel wegen des Insektenschwundes immer weniger Nahrung finden, gehen ihre Bestände zurück. Zwischen 1990 und 2013 verschwanden etwa 80 Prozent aller Kiebitze, 84 Prozent der Rebhühner, und 63 Prozent der Braunkehlchen in Deutschland. Die Zahlen stehen in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag im Mai vergangenen Jahres (Drucksache 18/12195).

Da es den Vögeln immer mehr an natürlichen Rückzugsräumen mangelt, legt der Rheinbacher Nabu-Experte Hans Troullier Gartenbesitzern künstliche Nistkästen ans Herz. Dankbare Abnehmer seien etwa Höhlenbrüter wie der Kleiber, Meisen und Stare sowie Halbhöhlenbrüter wie die Bachstelze. Troullier empfiehlt Nisthöhlen aus Holz oder Bimsbeton: „Die haben sich bewährt und sind langlebig.“ Am besten seien Kästen, deren Vorderwand abnehmbar ist, „das sich die Kästen so gut reinigen lassen“.

Nützlichkeit für heimische Gärten

Nabu-Mitstreiter Peter Meyer betont, dass Gartenbesitzer durchaus davon etwas hätten, wenn sich heimische Vögel in ihrem Garten wohl fühlten: „Untersuchungen belegen ihre Nützlichkeit.“ So vertilge ein Meisen-Pärchen mit Nachkommen pro Jahr Tausende Raupen und Taginsekten.

Arnold Schöne-Warnefeld aus Bad Honnef trieb nach der Lektüre eines kürzlich erschienenen GA-Artikels über die Schaffung von Rückzugsräumen in Gärten für Insekten wie Schmetterlinge, deren Bestände nach Aussage von Wissenschaftlern ebenfalls stark rückläufig sind, die Frage um: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Artenrückgang und der Ausbreitung von immer mehr Technik im Alltag, etwa elektronischer Strahlung?

„In den letzten zirka zehn Jahren hat es einige Veröffentlichungen gegeben, die Einflüsse elektromagnetischer Strahlung auf Vögel nahelegen“, erklärt Ruth Schedlbauer, Sprecherin des Bundesamtes für Naturschutz in Bonn (BfN): „Bei einzelnen untersuchten Arten wurden in der Nähe von Mobilfunkmasten geringere Siedlungsdichten und Reproduktionsraten festgestellt“, etwa bei Haussperling und Weißstorch. Andere Untersuchungen deuteten laut Schedlbauer „auf Einflüsse auf Ontogenese und Immunabwehr hin“.

Bei Insekten sei die Untersuchungslage „noch dünner“, doch zumindest im Labormaßstab hätten sich auch hier Einflüsse auf Physiologie und Reproduktion gezeigt: „Im Freiland fanden exponierte Honigbienen deutlich schlechter zurück zum Stock“, sagt Schedlbauer. Da es viele Hinweise auf schädliche Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung gebe, so die BfN-Sprecherin weiter, könne „eine generelle Unschädlichkeit nicht attestiert werden“. „Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte“, heißt es dazu aber vom Bundesamt für Strahlenschutz.

Info:Gartenbesitzer, die unsicher bei Baum-, Strauch- oder Heckenschnitt sind, können Kontakt mit dem Amt für Umwelt- und Naturschutz aufnehmen unter Telefon (02241) 13 34 15 oder (02241) 13 22 00.

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