Energieeffizienz-Partner in Bonn Qualifizierter Blick über das eigene Handwerk hinaus

BONN · Die Bonner Energie Agentur empfiehlt Verbrauchern bei Sanierungs- und Bauprojekten die sogenannten Energieeffizienz-Partner. Das sind Fachleute aus der Region, die besonderen Wert auf den Austausch zwischen den Gewerken und Disziplinen legen. So sollen Bauschäden vermieden werden.

Wärmedämmung ist gut, reicht aber nicht: Die Schnittstellen zu Fenstern und Türen beispielsweise müssen fachgerecht bearbeitet werden. Dafür müssen sich die Gewerke genau abstimmen.

Wärmedämmung ist gut, reicht aber nicht: Die Schnittstellen zu Fenstern und Türen beispielsweise müssen fachgerecht bearbeitet werden. Dafür müssen sich die Gewerke genau abstimmen.

Foto: picture alliance / dpa

Wenn Wohnungen und Häuser nach gültigen Normen gebaut werden, wie sie vor allem die Energieeinsparverordnung (EnEV) definiert, sind viele Fachleute gefordert. Denn Dämmerwerte spielen in Zeiten von möglichst energieeffizienten Verbrauchswerten bei Bauten ebenso eine Rolle wie die Dichtheit eines Hauses und die Belüftung. „Doch je effizienter gebaut wird, desto wichtiger ist die fachlich richtige Ausführung“, gibt Celia Schütze, Geschäftsführerin der Bonner Energie Agentur (BEA) zu bedenken.

Anders formuliert: „Ein moderner Bau verzeiht kaum handwerkliche Fehler, wenn er die geforderte Energieeffizienz einhalten soll“, so die Expertin weiter. Darum müssen sich aus ihrer Sicht gerade Handwerksbetriebe nicht nur stets auf dem Stand der Technik halten, sondern sich auch regelmäßig weiterbilden.

Aber die Krux an der Sache ist: Betriebe mit genau dieser Unternehmensphilosophie, die sich mehr in Sachen Fortbildung engagieren, müssen für den Verbraucher unter einer oft großen Zahl an Mitbewerbern auch zu erkennen sein. Darum empfiehlt die BEA als unabhängige Verbraucherorganisation sogenannte Energieeffizienz-Partner.

Dabei handelt es sich um Betriebe und Büros, die für das energieeffiziente Bauen und Sanieren besonders qualifiziert sind, und die von der Bonner Energie Agentur in einem Aufnahmeverfahren geprüft wurden, erklärt Schütze. Interessierte können die Liste kostenlos bei der BEA bekommen, 30 Adressen sind dort bereits zu finden.

Aus ihrer Beratungspraxis weiß Celia Schütze: „Viele Bauherren sorgen sich, dass nach einer Sanierung Mängel auftreten, und oft kommt es auch genau so.“ Denn nach der ersten Energieberatung und dem gefassten Sanierungsentschluss sind nach Schützes Erfahrungen „qualifizierte Handwerker, Planer und Berater schwer zu finden“. Oft sei aber auch der Kostdruck beziehungsweise die Maßgabe des Bauherrn, möglichst preiswert zu bauen, Schuld daran, dass an Architektenleistungen ebenso gespart wird wie an qualifizierten Handwerkern.

Für Schütze ein Kardinalfehler: „Gebäude muss man heutzutage gesamtheitlich betrachten“. Sie nennt ein Bespiel: „Besonders sensibel bei einem energieeffizienten Neubau sind die Schnittstellen“, erklärt die Fachfrau. Dabei verweist sie beispielsweise auf den Übergang von neuen Fenstern zu einer neuen Fassadendämmung.

Die entscheidende Frage ist nun: Welches Gewerk kümmert sich um diese Schnittstellen? Erfahrungsgemäß konzentrieren sich laut Schütze Handwerksbetriebe oft allein auf ihr Arbeitsgebiet, also die Tischler auf den Bau von Fenstern und die Stuckateure und Maler auf die Anbringung der Dämmung. Was aber folgen kann, wenn Schnittstellen vernachlässigt werden, sind laut Schütze „Bauschäden par excellence“: „Wasser kann in nicht sachgemäß behandelte Übergänge zwischen Dämmung und Fenstern ebenso eindringen wie Feuchtigkeit, was oft eine Schimmelbildung fördert.“ Auch entstehen oft die gefürchteten Wärmebrücken; also ein Bereich in Bauteilen des Hauses, durch den die Wärme schneller nach außen transportiert wird, als durch die angrenzenden Bauteile. Folge dieser Wärmebrücken sind nach Aussage von Celia Schütze „ungewollte Energieverluste und ein erhöhtes Schimmelrisiko“.

Für geschulte Handwerker gehört eine solche ganzheitliche Betrachtung eines Bauprojektes heute zum Alltag, betont Thomas Radermacher, Kreishandwerksmeister Bonn/Rhein-Sieg und Vorstandsmitglied der BEA. Daher unterstütze er auch das Projekt der „Energieeffizienz-Partner Bonn/Rhein-Sieg“, das die BEA bereits vor vier Jahren aus der Taufe gehoben hatte. „Das System verschafft Verbrauchern eine Übersicht über qualitätsgeprüfte Dienstleister und unterstützt Haus- und Wohnungsbesitzer dabei, qualifizierte Fachleute für die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen und die Nutzung Erneuerbarer Energien im Bau- und Sanierungsbereich zu finden.“ Daher seien auch die Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg sowie die örtlichen Innungen und Planerverbände Kooperationspartner des Projektes.

Auch Tischlermeister Josef Kolb, einer von 30 Energieeffizienz-Partnern, glaubt an die Vorteile dieses Systems: „Wir sind davon überzeugt, dass die Gewerke sich vernetzen und auf einem hohen Niveau harmonisch zusammenarbeiten müssen, um eine energetische Bestandssanierung erfolgreich abzuschließen.“

Wie wird man Energieeffizienz-Partner? Bewerben können sich alle Handwerksbetriebe, Planer und Energieberater, die über viel Wissen im Bereich der energieeffizienten Gebäudesanierung verfügen. „Und zwar nachweislich“, ergänzt BEA-Mitarbeiterin Tina Enderer.

Enderer betreut dieses Kompetenz- und Qualitätssystem in der Beratungsstelle. Vier Tage Fortbildung innerhalb des vorangegangenen Jahres sind ebenso Pflicht wie Nachweise zu fortlaufender Praxis und Weiterqualifizierung. Auch müssen Betriebe an mindestens zwei von der BEA organisierten Partnertagen pro Jahr teilnehmen, die über neue Vorschriften, Standards, Techniken und Fördermittel informieren.

„Bauen entwickelt sich stetig weiter“, betont Enderer: „So müssen auch alle am Bau Beteiligten ihr Wissen auf dem aktuellen Stand halten.“ Auch gehöre zu einer Qualifizierung als Energieeffizienz-Partner: Betriebe müssen sich zum „Energiekodex“ und den allgemeinen Qualitätsstandards des Systems bekennen.

Besonderer Wert wird schließlich auf den Austausch zwischen den Gewerken und Disziplinen gelegt: „Je mehr ein Gebäude Energie spart, desto komplexer ist es in der Regel auch“, erklärt Celia Schütze. Deshalb sei es der BEA auch wichtig, „den Gewerken das Gesamtsystem Haus verständlich zu machen und ihnen dabei zu helfen, einen Blick auf benachbarte Gewerke zu werfen. „Dieser Blick über den Tellerrand hilft, Sanierungen mit Qualität umzusetzen und die Energiesparziele zum Wohle des Klimaschutzes zu erreichen“, bekräftigt sie.

Eine wissenschaftlich abgesicherte Kundenumfrage der Prognos AG habe ergeben, dass die Energieberatungen in der BEA jedes Jahr 310 Tonnen CO2 einsparen.

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