Umstellung der Gasversorgung Gasgeräte auf dem Prüfstand

BONN · Die in den kommenden Jahren bis 2030 anstehende Umstellung der Versorgung von L- auf H-Gas betrifft auch die Verbraucher in der Region. Auf die Kundschaft sollen keine zusätzlichen Kosten zukommen.

 Die Gasversorgung in der Region wird nach und nach bis 2030 umgestellt. Kunden sollen den Angaben zufolge dafür nichts zahlen müssen.

Die Gasversorgung in der Region wird nach und nach bis 2030 umgestellt. Kunden sollen den Angaben zufolge dafür nichts zahlen müssen.

Foto: Ingo Bartussek - Fotolia

Alfred Kerger ist verunsichert. Ihm gehört eine Wohnung in Bonn, die mit Gas beheizt wird. Und der aktuell von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung von Vorschriften zur Bevorratung von Erdöl, zur Erhebung von Mineralöldaten und zur Umstellung auf hochkalorisches Erdgas“ (Bundestagsdrucksache 18/9950) beunruhigt ihn.

Dahinter verbirgt sich ein komplexes Thema. Da nämlich die Förderung des sogenannten L-Gases in den Niederlanden und in Deutschland laut Pressemitteilung des Bundestags rückläufig ist, wird „in Zukunft das sogenannte H-Gas, das einen höheren Methan-Gehalt hat, verwendet“. Betroffen von der Umstellung sind auch Gasverbraucher in der Region. Für Kerger ergeben sich daher Fragen, die er unlängst per Mail an seinen Versorger, die Stadtwerke Bonn (SWB), schickte.

„Grundsätzlich ist das Ganze eine Thematik, welche nicht die Versorger, sondern die Netzbetreiber betrifft“, erklärt Michael Reifenberg, Sprecher der Bundesnetzagentur in Bonn. Dort wird der Umstellungsprozess federführend gesteuert. Laut Reifenberg gibt es bundesweit rund 750 Unternehmen, „die theoretisch Gas verkaufen könnten“. Voraussetzung sei dann allerdings, dass diese dafür sorgen, „dass das Gas zum Kunden kommt“.

„Die Umstellung bedeutet den Wechsel des transportierten Erdgases in einem Netzgebiet – hier von Erdgas der Gruppe L auf Erdgas der Gruppe H“, erklärt Michael Reifenberg. Laut Reifenberg gibt es bundesweit rund 730 Gasnetzbetreiber. Darunter auch Unternehmen aus der Region wie beispielsweise die Stadtwerke Troisdorf, die Bad Honnef AG und die Bonn-Netz GmbH, die seit 2007 Netzbetreiber für das Bonner Strom- und Erdgasnetz ist und zum SWB-Konzern gehört.

Etwa ein Viertel der deutschen Haushaltskunden wird derzeit mit L-Gas versorgt, vor allem Verbraucher in NRW und Niedersachsen sind Abnehmer. Naheliegend, stammt doch das L-Gas vor allem aus den Niederlanden und Deutschland. Auch die SWB nehme weitgehend dieses Gas von dort ab, sagt Unternehmenssprecher Werner Schui: „Das H-Gas kommt meist aus Russland und Norwegen“, fügt er hinzu.

Nötig wird die Umstellung laut Reifenberg, „weil die Bestände an L-Gas in den Niederlanden und Deutschland zurückgehen.“ Dagegen gebe es ausreichende H-Gas-Bestände. Dazu muss man wissen: Bei L-Gas handelt es sich um „Low calorific gas” und bei H-Gas um „High calorific gas”. L-Gas hat einen geringeren Methangehalt und damit einen geringeren Brennwert beziehungsweise Energiegehalt als H-Gas. Da beide Gase unterschiedliche Brennwerte aufweisen, müssen sie in getrennten Netzen transportiert werden. Daher sind Anpassungen am Gasnetz und an den Gasverbrauchsgeräten in den betroffenen Regionen erforderlich.

Pressesprecher Reifenberg erklärt das so: „Es geht im Wesentlichen um eine Art Verkehrsregelung in den bestehenden Netzen und die Frage, welches Gas wann durch welche Leitung befördert wird.“

Die Umstellung ist mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden: „Im Regelfall wird es zu keinen unangekündigten Versorgungsunterbrechungen kommen. Die Umstellung wird jeweils entlang einzelner Leitungsstränge des örtlichen Erdgasnetzes erfolgen, so dass die Gasgeräte aller an dieser Leitung angeschlossenen Kunden nahezu gleichzeitig angepasst werden.“

Nach der Umstellung der Gasgeräte werde die Leitung mit H-Gas befüllt. „Geräte können dann normal weiter genutzt werden“, erläutert Michael Reifenberg. Zur Umstellung haben die betroffenen L-Gas-Netzbetreiber in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur einen Ausbauplan für das deutsche Gasnetz entwickelt, der schrittweise in verschiedenen Regionen in Deutschland seit dem Jahr 2015 umgesetzt wird “, erläutert Reifenberg. „In der gesamten Region Bonn erfolgt die Umstellung von L- auf H-Gas bis 2030“, ergänzt SWB-Mann Werner Schui.

Wie läuft das Ganze ab und für wen wird in welchem Umfang eine Anpassung der Heizungsanlage nötig? Diese Frage stellt sich auch dem Bonner Gaskunden Alfred Kerger. Der Umstellungszeitplan folgt nach Aussage des Sprechers der Bundesnetzagentur dem Netzentwicklungsplan Gas. Zuständige Fernleitungsnetzbetreiber informieren die lokalen Netzbetreiber mit etwa drei Jahren Vorlauf über die anstehende Umstellung, so Michael Reifenberg: „Die lokalen Netzbetreiber unterrichten dann Ihre Kunden.“

Im ersten Schritt geht es um eine Bestandsaufnahme aller im Netzgebiet angeschlossenen Gasgeräte. Im zweiten Schritt findet die Anpassung der Gasgeräte statt. Die Anpassung erfolgt durch speziell ausgebildete Monteure. Bei den SWB geht man davon aus, dass allein in Bonn rund 70 000 Geräte überprüft werden müssen.

Wer diese Umstellungskosten bezahlen muss, dürfte ebenfalls manchen Gasverbraucher interessieren. Dazu sagt Reifenberg: „Kein Monteur oder eine sonstige Personen darf hierfür Geld verlangen.“ Auch dürften keine Arbeitsstunden in Rechnung gestellt werden, und Betroffene müssen keine Austauschteile wie zum Beispiel Brennerdüsen bezahlen. „Die Kosten werden auf alle Gasversorgungsnetze innerhalb des Marktgebiets umgelegt“, so Reifenberg weiter.

Zum Schluss stellt sich noch die Frage, ob sich die Gaskunden künftig auf höhere Gaspreise einstellen müssen. „Nein“, verkündet die Bundesnetzagentur: „Die Heizkosten oder die Kosten für die sonstige Gasnutzung werden durch die Marktraumumstellung nicht steigen“, heißt es auf der Homepage der Agentur ausdrücklich. Zwar sei der Marktpreis für H-Gas höher als der für L-Gas. Aber für denselben Heizeffekt werde „weniger H-Gas benötigt, da H-Gas einen höheren Energiegehalt besitzt als L-Gas“.

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