Mehr als nur der Petersdom Buchvorstellung: "Rom für Bildungsbürger"

Rom · Sie hat es nicht leicht, die Ewige Stadt. Ganze Kübel voller Klischees werden über ihr ausgegossen - das fängt beim Wort von der "Ewigen Stadt" an und hört bei Petersdom, Trevibrunnen und Spanischer Treppe noch lange nicht auf.

 Auch in der Ewigen Stadt regiert die Vergänglichkeit: „Engel der Schmerzen“, letztes Werk des Bildhauers William Wetmore, auf Roms protestantischem Friedhof.

Auch in der Ewigen Stadt regiert die Vergänglichkeit: „Engel der Schmerzen“, letztes Werk des Bildhauers William Wetmore, auf Roms protestantischem Friedhof.

Foto: dpa

Es fällt aber auch nicht leicht, über die Hauptstadt Italiens nachzudenken, geschweige denn über sie Bücher zu machen. Gibt es irgend etwas, das da noch nicht gesagt, gemalt, geschrieben, gedichtet, gesungen wurde? Passend zur Urlaubszeit hat sich der Rheinbacher cmz-Verlag der anspruchsvollen Aufgabe gestellt und sie mit Bravour bewältigt.

"Rom für Bildungsbürger" nennt sich mit leichtem Augenzwinkern der Reiseführer der etwas anderen Art, der dabei herausgekommen ist: "Schönes, Wahres, Gutes abseits der großen Linien (topographisch wie historisch)" wollen die drei Herausgeber um Verleger Winrich C.-W. Clasen bieten und haben 23 Autoren aus unterschiedlichsten Berufsfeldern gebeten, ihre ganz eigenen Rom-Tipps und -Erfahrungen zusammenzutragen.

Entstanden als eine Art Geburtstagsgeschenk für den evangelischen Theologen Professor Michael Meyer-Blanck von der Universität Bonn, ist das Buch dennoch keine der üblichen "Festschriften" voll schwer lesbarer, hoch akademischer Aufsätze, sondern ein literarischer Querschnitt durch alle Gruppen von Autoren und Lesern.

Professor und Student kommen zu Wort, Lehrer und Kirchenmusiker, Pfarrer wie Schriftsteller, Maler wie Journalistin (so schreibt Evelyn Finger, Chefin des Ressorts "Glauben und Zweifeln" bei der Zeit, über Papst Franziskus).

Rom-Verbindungen ins Rheinland knüpft das Buch in eigenen kleinen Artikeln: In lesenswerten Interviews befragt Winrich C.-W. Clasen den Wachtberger Maler Michael Franke (er hat auch ein Atelier in Cerveteri bei Rom) sowie den Kölner Fotografen Martin Claßen, der in Rom Stipendiat der berühmten "Villa Massimo" war (einige der anrührenden Schwarz-weiß-Aufnahmen, die damals entstanden, illustrieren das Gespräch).

Vier Kapitel untersuchen Roms Rolle in Musik und Kino: etwa Roberto Rossellinis Film "Rom - offene Stadt" von 1945. Der befasst sich mit Schandtaten der Wehrmacht im deutsch besetzten Italien und durfte deshalb (trotz "Goldener Palme" in Cannes) 1950 in der jungen Bundesrepublik nicht gezeigt werden. Und passend dazu ist auch "Rom als Kulisse" ein Thema - denn was wäre die internationale Hoch- und Tiefkultur von Federico Fellini bis Dan Brown ohne dies Bild von einer Stadt?

"Rom für Bildungsbürger" ist kein voluminöses Buch, aber ein gewichtiges: voll von Anregungen für ein ganz neues Erleben der Tibermetropole, deren Schätze zu erkunden und deren Geschichten auszuschöpfen ein Menschenleben zu wenig wäre - denn "es geht, man darf wohl sagen, ein neues Leben an, wenn man das Ganze mit Augen sieht, das man teilweise in- und auswendig kennt". Das hat Johann Wolfgang von Goethe über Rom gesagt - auch dessen berühmte Reise findet natürlich im Buch Erwähnung.

Und auch hier lässt sich noch Neues lernen: Der Italien-Tour Goethes wird die seines heute vergessenen Dichterkollegen Karl Philipp Moritz vergleichend gegenübergestellt. So findet der Leser Wegmarken für eigene Expeditionen oder zu ihrer Planung. Ein hilfreiches Buch nicht nur als Reiseführer, sondern auch als Lesebuch für die Daheimgebliebenen - oder die Bildungsreisenden, die es vielleicht erst werden wollen.

Rom für Bildungsbürger
cmz-Verlag, 272 Seiten, 19,90 Euro

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